
Daniela Schob und Philipp Maasch von der Nachwuchsgruppe LoTempAM
Quelle: Philipp Maasch
Die additive Fertigung ermöglicht eine kosteneffiziente Herstellung kleiner Serien von Bauteilen mit komplexer Geometrie. Insbesondere das pulverbettbasierte Schmelzen von Metall mittels Laserstrahl (PBF-LB/M) findet aufgrund seiner Fähigkeit, dünne Schichten zu realisieren und komplexe Strukturen zu erzeugen, breite Anwendung in Branchen wie der Luft- und Raumfahrt, dem medizinischen Bereich sowie in der Energietechnik. Die additive Fertigung spielt eine zentrale Rolle bei der Entwicklung von Komponenten für zukünftige Energieträger, beispielsweise Wasserstoff oder andere verflüssigte Energieträger. Dabei werden hohe Anforderungen an das Materialverhalten, die mechanische Zuverlässigkeit und die strukturelle Integrität unter extremen Betriebsbedingungen gestellt.
Die Nachwuchsforschungsgruppe „LoTempAM“ (Low Temperature Additive Manufacturing) nimmt sich diese Herausforderungen an, indem sie systematisch erforscht, wie additiv gefertigte Metallbauteile unter extremen Bedingungen, wie tiefe Temperaturen bis -253 °C oder in druckwasserstoffreichen Umgebungen, zuverlässig eingesetzt werden können. Hierzu kombiniert das interdisziplinäre Team die Fertigung mittels PBF-LB/M, experimentelle Werkstoffanalysen, fortschrittliche Simulationen und maschinelle Lernverfahren, um die Leistungsfähigkeit und Sicherheit der Bauteile fundiert zu evaluieren.
Die LoTempAM-Gruppe ist unter der Leitung von Frau Dr.-Ing. Daniela Schob aus einer erfolgreichen Kooperation zwischen der BAM und der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg gegründet worden. Während die Gruppe an der BAM in der Abteilung 9.6 „Additive Fertigung metallischer Komponenten“ sowie im Kompetenzzentrum Additive Fertigung AM@BAM verankert ist, ist sie an der BTU am Lehrstuhl für Hybride Fertigung verortet. Diese Partnerschaft verbindet Expertenwissen in der Additiven Fertigung und der Wasserstoffdegradation sowie Werkstoffmodellierung.
Team
Das Team der LoTempAM-Gruppe setzt sich zukünftig aus vier Doktoranden zusammen, die Expertise in den Bereichen Fertigungstechnik, Materialwissenschaften, Simulation und Data Science mitbringen. Diese fachübergreifende Zusammenarbeit ermöglicht es, komplexe Fragestellungen rund um das Verhalten additiv gefertigter Metallkomponenten unter extremen Bedingungen praxisnah zu adressieren.
Forschungsschwerpunkte
Die LoTempAM-Gruppe hat sich zum Ziel gesetzt, numerische Modelle zu entwickeln, die das Werkstoffverhalten additiv gefertigter Metallbauteile von -253 °C bis Raumtemperatur und in Druckwasserstoffumgebungen präzise abbilden. Im Zentrum der Forschung steht der Aufbau eines Berechnungsmodells, das sowohl die Temperaturabhängigkeit als auch den Einfluss von Wasserstoff auf mikro- und makromechanischer Ebene berücksichtigt. Dieses Modell bildet die Grundlage für ein physikinformiertes neuronales Netz (PINN), das die optimalen Fertigungsprozessparameter für den PBF-LB/M-Prozess ermittelt, um sicherzustellen, dass die additiv gefertigten Bauteile auch unter den finalen Einsatzbedingungen optimale Eigenschaften aufweisen.
Daraus folgt eine Fokussierung auf folgende Forschungsschwerpunkte:
- Werkstoffcharakterisierung von additiv gefertigten Metallbauteilen, die sowohl unter Druckwasserstoff als auch kryogenen Bedingungen, bis -253°C, geprüft werden.
- Analyse, wie Oberflächenrauheit und Wasserstoffversprödung durch spezielle Nachbehandlungen beeinflusst werden.
- Entwicklung und Validierung numerischer Modelle, die die komplexen Phänomene wie zum Beispiel umwandlungsinduzierte Plastizität (engl. Transformation Induced Plasticity, TRIP-effect) und diskontinuierliches plastisches Fließe (engl. Discontinuous Plastic Flow) auf mikro- sowie makromechanischer Ebene berücksichtigen.
- Prädiktive Prozessoptimierung, um die optimalen Druckprozessparameter für das gewünschte Materialverhalten mittels künstlicher Intelligenz zu identifizieren.
- Wechselwirkungen von kryogenen Temperaturen und Wasserstoff auf die mechanischen Eigenschaften von additiv gefertigten Metallbauteilen
Methoden und Workflows
Ein ganzheitlicher Workflow vereint alle relevanten Arbeitsschritte, von der additiven Fertigung über Materialcharakterisierung bis hin zur numerischen Modellierung und prädiktiven Prozessoptimierung. So werden die komplexen Wechselwirkungen zwischen Prozessparametern, Mikrostruktur und Werkstoffverhalten systematisch erfasst.
Folgende Methoden werden angewendet:
- Herstellung der Proben mittels PBF-LB/M
- Slow Strain Rate Tests (SSRT) mit Hohlrundprüfkörpern unter Druckwasserstoff
- Hirtisieren® der Oberflächen
- Quasi-statisch und niederzyklische kryogene Versuche mit digitaler Bildkorrelation (DIC)
- Mikrostrukturuntersuchung
- Finite-Elemente-Methode inklusive benutzerdefinierter Materialmodelle
- Physics-Informed Neural Network (PINN)
- Validierung der Ergebnisse am Demonstrator
Förderung
Die Nachwuchsforschungsgruppe von Dr.-Ing. Daniela Schob wird durch die BAM und die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg gefördert. Sie ist Teil der engen BTU-BAM Zusammenarbeit im Bereich Wasserstoff.