
Brücke, die Papierasche als Bindemittel enthält
Quelle: BAM
In Deutschland fallen jährlich etwa 20 Millionen Tonnen Altpapier an, von denen 75 Prozent recycelt werden. Das Material wird sortiert, zerkleinert, gewaschen und die Druckfarbe wird entfernt. Neben wiederverwertbaren Papierfasern für die Papierherstellung bleiben Prozessrückstande wie Faserreststoffe, Deinkingschlämme und Spuckstoffe (Sortierrückstände) zurück. Sie werden in dezentralen Kraftwerken verbrannt und zur Energiegewinnung genutzt. Die dabei anfallende Papierschlammasche oder kurz Papierasche bleibt als Reststoff zurück. An der BAM wird erforscht, ob sich dieser Reststoff als Rohstoff für die Betonherstellung eignet.
Der Baustoff Beton
Beton ist heutzutage der meistverwendete Baustoff weltweit. Als hydraulisches Bindemittel ist Zement in Beton enthalten. Ein Stoff ist hydraulisch, wenn seine Mineralphasen mit Wasser reagieren, zu einer Erhärtung des Materialleims führen und die Reaktionsprodukte wasserunlöslich sind. Kurz: durch die chemische Reaktion mit Wasser erhärtet Zement und bleibt fest. Zur Herstellung von Zement wird gebrannter Zementklinker mit weiteren Komponenten vermischt. Je nach Mischverhältnis und Bestandteilen entsteht z.B. Portlandzement oder Trasszement. In der Praxis verwendete Zusatzstoffe, die dem Zement vor oder nach dem Mahlen zugegeben werden, sind Reststoffe aus der Industrie wie Hüttensande, Steinkohlenflugaschen, Mikrosilika oder Gesteinsmehle. Potentiell können aber auch andere Reststoffe als Bestandteile mineralischer Bindemittel verwendet werden.
Reststoffe im Beton: Was eignet sich wofür?
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Fachbereich Baustofftechnologie charakterisieren die chemischen und mineralogischen Eigenschaften mineralischer Reststoffe, wie z.B. Kesselsand aus der Steinkohlenverbrennung, Betonbrechsand, mineralischer Filterrückstand aus der Silanherstellung, Braunkohlenflugasche – oder eben Papierasche. Die Charakterisierung gibt Antwort auf Fragen wie: Welchen Reststoff kann ich bei der Herstellung von Baustoffen wofür einsetzen? Ist eine Aufbereitung notwendig und wie lässt sie sich technisch realisieren? Und kann man die Reststoffe miteinander für eine technische Anwendung kombinieren?
Das Team des Fachbereichs Baustofftechnologie hat bereits erste Antworten auf diese Fragen. Im Beitrag From waste materials to products for use in the cement industry haben sie dargestellt, wie sich die Reststoffe als Zusatzstoffe verhalten und welche Einflüsse sie auf die Festigkeitsentwicklung des Baustoffs haben.

Papierasche als Bindemittel für Baustoffe
Quelle: BAM
Papierasche und ihre Verwendungsmöglichkeiten
Die aktuellen Forschungsaktivitäten im Fachbereich nehmen den Reststoff Papierasche in den Fokus. Papierasche weist eine dem Zement ähnliche chemische Zusammensetzung auf, wobei jedoch der Mineralphasenbestand deutlich abweicht und weniger reaktiv ist. Daher ist ein Prozess zur Aktivierung der Papierasche vor der Nutzung als Bindemittel notwendig. Eine hydrothermale Calcinierung eignet sich dazu: Hierbei wird die Papierasche zunächst mit Wasser gemischt und in einem Druckbehälter wärmebehandelt. Anschließend erfolgt die Calcinierung, bei der die Papierasche noch einmal bei 750°C erhitzt wird. Die ersten Ergebnisse der Analysen solcher aktivierten Papieraschen zeigen, dass sich hydraulisch aktive Mineralphasen ähnlich denen im Zement bilden: Die aktivierte Papierasche erhärtet bei Zugabe von Wasser.
Papierasche könnte also in der Betonherstellung durchaus Verwendung finden – ein lohnender Gedanke im Hinblick auf knappe Ressourcen und intelligentes Recycling. Ob Wohnhäuser, Industrieanlagen oder Brücken: Die Bauwerke von morgen könnten wortwörtlich aus der Zeitung von gestern entstehen. Bislang wird Papierasche vor allem deponiert – obwohl Untersuchungen zeigen, dass sie Potential zur Wiederverwertung hat. Mit den Untersuchungsergebnissen des BAM-Teams zeigt sich, dass durch eine hydrothermale Calcinierung die Papierasche als reaktive Bindemittelkomponente wirksam genutzt werden kann.