
Nanopartikel aus Gold, Titandioxid, Bariumsulfat, Siliziumdioxid und Eisenoxid, die mit verschiedenen Techniken (SEM, eSEM, TEM) abgebildet wurden
Quelle: BAM
Nanomaterialien kommen heute in vielen Produkten vor. Für die Charakterisierung der Substanzen fehlen jedoch häufig präzise Verfahren, Referenzmaterialien oder -daten. Die BAM stellt mit ihrer Nanoplattform wichtige Referenzstandards zur Verfügung und schafft mehr Sicherheit.
Nanomaterialien spielen in immer mehr Bereichen der Industrie, Gesellschaft und Medizin eine wichtige Rolle. Mit den nur wenige Millionstel Millimeter großen Partikeln lassen sich gezielt die Eigenschaften von Produkten verbessern: Sie fördern die Aufnahme medizinischer Wirkstoffe im Körper, lassen Wasser von Oberflächen und Kleidung abperlen, werden als Pigmente in Farben und Sonnencremes eingesetzt, verbessern die Eigenschaften von Kosmetika und werden als Kontrastmittel für bildgebende Verfahren in der Medizin sowie als Sensormaterialien in der Bioanalytik eingesetzt. Nanopartikel sind inzwischen auch in Druckertinten, Pulvern für den 3-D Druck und RFID-Chips enthalten.
"Mit verlässlichen Referenzprodukten können Wissenschaft und Industrie von den Vorteilen der Nanotechnologie profitieren."
Unternehmen, die in der Europäischen Union Nanomaterialien herstellen oder verwenden, müssen diese seit Januar 2020 bei der European Chemicals Agency (ECHA) registrieren. Ziel ist es, Menschen und Umwelt vor möglichen Gefährdungen durch die Partikel zu schützen.
Charakterisierung von Nanopartikeln sehr komplex
Die Registrierung erfordert eine umfassende chemische, physikalische und toxikologische Charakterisierung der Substanzen. „Viele kleine und mittlere Unternehmen stoßen mit dieser Aufgabe an ihre Grenzen, denn es ist technisch sehr aufwendig, Nanomaterialien zu vermessen“, erklärt Harald Bresch, Umweltphysiker an der BAM. „Unsere neue Nanoplattform soll hier in Zukunft Abhilfe schaffen und Messverfahren, Daten sowie Referenzmaterialien zur Verfügung stellen.“

Harald Bresch bestimmt die Größenverteilung der Eisenoxid-Nanowürfel. Sie messen nur wenige Millionstel Millimeter.
Quelle: BAM
Die BAM ist in Deutschland eines der führenden Forschungsinstitute für die Charakterisierung von Nanomaterialien. Ihre Expertise umfasst die Messung mit allen relevanten Methoden von der Raster-Elektronenmikroskopie über die Partikel-Tracking-Analyse bis zur Massenspektrometrie. Die neue Nanoplattform der BAM wird u. a. spezifische Arbeitsanweisungen und Laborprozeduren zur Charakterisierung solcher Materialien zur Verfügung stellen, denn vorhandene Messverfahren müssen im Nanobereich oft erweitert oder modifiziert werden. Unternehmen sollen künftig diese Anweisungen vom Server der BAM abrufen können, um ihre Nanomaterialien selbst nach standardisierten Verfahren zu charakterisieren oder auch die BAM gleich mit dieser Aufgabe beauftragen. Diese standardisierten Verfahren sind kompatibel mit nationalen und internationalen Normen sowie den Prüfrichtlinien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bzw. für diese erstellt worden. Sie schaffen mehr Zuverlässigkeit.
Referenzdaten, um künstliche Intelligenz zu trainieren
Zugleich generiert die BAM mit ihren eigenen Messungen an Nanomaterialien Datensätze, die mit bestimmten Messgeräten und -methoden verknüpft sind. Diese Datensätze werden über ein elektronisches Laborbuch erfasst und können über den Server der BAM für Versuche in den Bereichen Medizin, Toxikologie oder Umweltwissenschaften verwendet werden. Das spart wertvolle Zeit sowie Ressourcen und gewährleistet Reproduzierbarkeit. Zukünftig sollen mithilfe von Referenzdaten auch Programme mit künstlicher Intelligenz trainiert und verbessert werden.
Mit Eisenoxid-Nanowürfeln kann die Plattform in Kürze bereits ein erstes Referenzmaterial zur Verfügung stellen. Es dient u. a. zur Kalibrierung von Elektronenmikroskopen. „Mit solchen verlässlich charakterisierten Referenzprodukten werden Daten aus Studien und Ringversuchen belastbarer und können miteinander verglichen werden“, erklärt Harald Bresch. „Insgesamt sollen so weite Bereiche von Wissenschaft und Industrie von den Vorteilen der Nanotechnologie profitieren können, Menschen und Umwelt aber zugleich vor potenziellen Gefährdungen geschützt werden.“
Weitere Infos zum Projekt Nanoplattform finden Sie auf der Projektwebseite.