Im Fokus des Kompetenzfeldes steht der sichere Betrieb von Wasserstoffanlagen sowie die Sicherheit von Prozessen zur Herstellung, zum Transport und zur Umwandlung von flüssigem und gasförmigem Wasserstoff sowie Wasserstoffgemischen. Schwerpunkte der Aktivitäten sind die sicherheitstechnischen Eigenschaften von Wasserstoff bzw. Wasserstoffgemischen, der Explosionsschutz, Auswirkungsbetrachtungen bei Unfallszenarien und die Auslegung von sicherheitstechnischen Maßnahmen und Konzepten. Die Forschungsarbeiten umfassen praxisnahe experimentelle Untersuchungen vom Labor- bis hin zum Realmaßstab und die Ableitung von Schutzmaßnahmen. Darüber hinaus werden Berechnungsmodelle und Abschätzverfahren eingesetzt und weiterentwickelt, z.B. um mögliche Auswirkungen von Unfallszenarien zu evaluieren.

Freisetzung von Wasserstoff

Die Freisetzung von Wasserstoff ist eines der wichtigsten Szenarien, die im Kontext der Gefährdungsbeurteilung und Auswirkungsbetrachtung berücksichtigt werden müssen. Bei einer Entzündung des austretenden Wasserstoffs können z. B. Flammenstrahlen oder Gaswolkenexplosionen auftreten.

Auf dem Testgelände Technische Sicherheit (TTS) der BAM südlich von Berlin werden impulsbehaftete Wasserstofffreisetzungen mit hohem Druck experimentell im Realmaßstab untersucht. Die Ausbreitung von Wasserstoff und Wasserstoffgemischen sowie die Auswirkung von Freistrahlflammen auf die Umgebung werden für verschiedene realistische Freisetzungsszenarien gemessen. Dabei können Parameter wie Druck, Leckgröße oder Ausrichtung der Freisetzung variiert werden.

Für die Berechnung der Ausdehnung von explosionsfähigen Atmosphären sowie zur Wärmestrahlung und Ausdehnung von Freistrahlflammen werden mathematische Simulationsmodelle eingesetzt, die kontinuierlich weiterentwickelt und durch experimentelle Ergebnisse validiert werden.

Diese Berechnungen sind erforderlich für die Auslegung von Schutzmaßnahmen gemäß entsprechenden Regelwerken, z.B. zur Festlegung von explosionsgefährdeten Bereichen oder zur Bestimmung von Sicherheitsabständen.

Sicherheitstechnische Aspekte beim Flüssigwasserstoff LH2

Die Verflüssigung ermöglicht es, große Mengen Wasserstoff auf geringerem Raum und bei niedrigem Druck zu speichern und über große Distanzen zu transportieren. Durch den tiefkalten Zustand des Flüssigwasserstoffs (LH2) unterscheidet sich dieser in einigen Eigenschaften und Gefahren signifikant vom gasförmigen Wasserstoff; ein Umstand, der z.B. bei der Freisetzung oder der Entwicklung von Sicherheitskonzepten Berücksichtigung finden muss. Um ein hohes Sicherheitsniveau bei der Implementation von LH2 zu gewährleisten, finden an der BAM vielfältige Untersuchungen statt.

Ein Schwerpunkt stellt die Sicherheit von Tanks zur Speicherung von LH2 dar. Hierfür finden typischerweise doppelwandige Behälter mit auf Vakuum und anderen Komponenten basierenden thermischen Isolationen Anwendung. Diese Isolationsart ermöglicht den tiefkalten Zustand des LH2 über lange Zeit zu gewährleisten und findet potenziell im Land-, See- und Flugverkehr Anwendung. Um das Verhalten von Tanks und deren Isolation im Brandereignis sowie den sich daraus ergebenen Konsequenzen bewerten zu können, finden auf dem Testgelände Technische Sicherheit (TTS) Experimente im Labor- und Realmaßstab statt. Die gewonnen Daten geben Auskunft über den Verlauf von Störfällen und werden außerdem zur Entwicklung von Modellen genutzt.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die unfallbedingte Freisetzung von LH2 auf und unter Wasser, welche auf dem BAM TTS im Realmaßstab erforscht wird. Diese unterscheidet sich stark von der Freisetzung an Land z.B. durch höhere Verdampfungsmassenströme und mögliche auftretende Druckwellen mit explosionsartigem Charakter (RPT). Derartige Störfälle sind von großer Bedeutung für den Seeverkehr, bei dem große Mengen LH2 umgeschlagen und transportiert werden und in dem ein einzelner Störfall potenziell verheerende Folgen für Umwelt und Gesellschaft zur Folge haben kann.

Explosionsschutz für Wasserstoffanwendungen

Der Einsatz von Wasserstoff und Wasserstoffgemischen setzt gemäß europäischer Richtlinien (ATEX) voraus, dass Maßnahmen für den Explosionsschutz getroffen werden. Die Explosionsschutzmaßnahmen werden unterteilt in primäre (Vermeidung von explosionsfähigen Gemischen), sekundäre (Vermeidung von Zündquellen) und konstruktive (explosionssichere Bauweise) Maßnahmen.

In den Laboren und Testeinrichtungen der BAM werden möglichst praxisnahe individuelle sicherheitstechnische Untersuchungen von Wasserstoffgemischen im Zusammenhang mit dem Explosionsschutze durchgeführt. Auf dem Testgelände Technische Sicherheit (TTS) der BAM werden entsprechende Untersuchungen auch im Realmaßstab durchgeführt. Darüber hinaus werden sicherheitstechnische Kenngrößen wie z. B. Explosionsgrenzen, Zündtemperaturen oder Explosionsdrücke bei Prozessdrücken und -temperaturen experimentell bestimmt und entsprechende Prüfmethoden weiterentwickelt.

Insgesamt werden alle drei Arten des Explosionsschutzes berücksichtigt. Unter anderem wird die Explosionsfähigkeit von Gasgemischen, die Wirksamkeit von nichtelektrischen Zündquellen sowie die Auslegung von Berstscheiben als konstruktive Explosionsschutzmaßnahme untersucht.

Die Ergebnisse der Untersuchungen werden in Regelwerke für den Explosionsschutz implementiert. Sicherheitstechnische Kenngrößen für den Explosionsschutz werden bewertet und in die Datenbank CHEMSAFE aufgenommen. Anhand der Datenbasis können z. B. Wasserstoffgemische sicherheitstechnisch beurteilt werden.