
Kind mit Schokolade
Quelle: Getty Images/Westend61, Guntmar Fritz
„Neun von zehn Leuten mögen Schokolade. Der Zehnte lügt.“ John Tullius
Alle Menschen lieben Schokolade. Das weiß jeder. Es ist eine unumstößliche Wahrheit und gilt für alle Zeiten. Schokolade schmeckt gut, riecht gut, macht gute Laune, sie kann trösten und anregend wirken, und sie ist, in Maßen genossen, sogar gut für unsere Gesundheit. Nur etwa sieben Gramm Schokolade täglich können das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken, insbesondere für Schlaganfall. Dies ist eine Erkenntnis aus einer groß angelegten Studie, die das Deutsche Institut für Ernährungsforschung (DIfE) 2010 veröffentlichte. Wären da nur nicht die Nachteile, die der Konsum von Schokolade mit sich bringt. Und das betrifft nicht nur die Gewichtszunahme, die wegen des hohen Zucker- und des Fettanteils droht. Kakao, die Grundsubstanz von Schokolade, enthält neben vielen positiv wirkenden Substanzen auch Stoffe, die gesundheitsschädlich sein können. Kakao kann z. B. Cadmium enthalten, das auf natürlichem Weg aus den Böden in die Pflanzen gelangt, und Acrylamid, das während des Röstens der Kakaobohnen entsteht. Wie kann man feststellen, wie viel von diesen unerwünschten Stoffen in der Schokolade steckt?
Welche Stoffe enthält meine Schokolade?
Die Chemiker Dr. Matthias Koch vom Fachbereich Organische Spuren- und Lebensmittelanalytik und Dr. Sebastian Recknagel vom Fachbereich Anorganische Referenzmaterialien wissen, wie man das prüft. Sie spüren geringste Mengen von Kontaminanten in Lebensmitteln und anderen Substanzen auf. Auch für Lebensmittelproduzenten und Händler ist es gut zu wissen, welche Menge Cadmium oder Acrylamid im Kakao enthalten ist und ob ihre Produkte den Lebensmittelvorschriften entsprechen: Am 1. Januar 2019 ist eine EU-Verordnung in Kraft getreten, in der ein Höchstgehalt von 0,60 Milligramm Cadmium je Kilo Kakaopulver und Höchstgehalte für verschiedene Schokoladenerzeugnisse festgelegt wurden. Das Schwermetall Cadmium wird vom menschlichen Körper nur sehr langsam wieder ausgeschieden und reichert sich vor allem in den Nieren an. Für viele Lebensmittelgruppen gibt die EU deshalb schon länger Cadmium-Höchstgehalte vor. Grenzwerte für Acrylamid in Lebensmitteln gibt es bisher nicht, jedoch hat die EU 2018 neue Richtwerte und Maßnahmen festgelegt, um die Gehalte für bestimmte Lebensmittel zu minimieren.
Cadmium kann man nicht schmecken
Verbraucher sind darauf angewiesen, dass Lebensmittelanalysen korrekt durchgeführt werden. Dr. Koch: „In den allermeisten Fällen kann man es weder sehen noch schmecken, ob ein Lebensmittel eine bestimmte Substanz enthält oder nicht. Wir sprechen hier über geringste Mengen. Diese sind für die menschliche Zunge oder Nase nicht wahrnehmbar. Bei Cadmium und Acrylamid in Schokolade hat man keine Chance.“
Für Fachleute ist es manchmal nicht einfach zu prüfen, ob eine Probe eine bestimmte schädliche Substanz enthält und ob der Wert zu hoch ist. Im Labor müssen sie zunächst dafür sorgen, dass die Analytik geeignet ist, feinste Unterschiede zu erkennen. Dazu braucht es den gesetzlich festgelegten Wert, der Verbraucher schützen und Lebensmittel sicher machen soll, valide Kalibrierstandards und Analyseverfahren sowie geeignete Referenzmaterialien. Die Chemiker und Chemikerinnen müssen sicherstellen, dass die Instrumente richtig anzeigen, die Chemikalien einwandfrei sind und Verfahren richtig angewendet werden, kurz, dass ihre Analytik geeignet ist, die Messungen korrekt durchzuführen. Referenzmaterialien enthalten bestimmte Substanzen in genau definierten Mengen und können bei Messungen als Vergleich und somit der Qualitätskontrolle dienen. Das macht sie für Hersteller und Prüflabore bedeutsam. Dr. Koch: "Das ist so, als ob ich überprüfen würde, ob mein Zollstock richtig anzeigt. Ich brauche dazu einen Vergleich".
Die BAM entwickelt neue Referenzmaterialien
Referenzmaterialien für Cadmium und Acrylamid in Kakaopulver sind bisher auf dem Markt nicht verfügbar. Deshalb entwickelt die BAM nun drei neue Referenzmaterialien. Die zertifizierten Cadmium-Gehalte werden sowohl nahe am EU-Höchstgehalt als auch ober- und unterhalb davon liegen. Die neuen Materialien werden auch definierte Acrylamid-Gehalte aufweisen. Als Ausgangsmaterialien für ihre Entwicklung nehmen die BAM-Chemiker Produkte mit einer natürlichen Belastung von Cadmium und Acrylamid.
Bedenkenlos Schokolade genießen
Die Verbraucher bemerken von alledem nichts. Und die BAM trägt ein klein wenig dazu bei, dass sie auch zukünftig ihre Schokolade genießen können.