
Die Gründer um Dominik Sarma, Dr. Robert Zitterbart, Dr. Oliver, Reimann und Andreas Regnery (v.l.n.r.) vom Team Belyntic
Quelle: BAM
Peptide, oder auch Proteine, sind kleine Multi-Talente, jedoch in der Herstellung teuer. Aufgrund ihrer vielfältigen Eigenschaften werden sie oft als Wirkstoff in pharmazeutischen Therapeutika und Kosmetika eingesetzt. Das Berliner Start-up Belyntic hat nun eine neue Methode zur Reinigung von Peptiden entwickelt, die Forscherinnen und Forschern den Laboralltag erleichtern kann. Die BAM unterstützt sie dabei an ihrem Standort in Adlershof mit ihrem Knowhow.
Proteine bilden sich aus langen Ketten von bis zu 100 Aminosäuren. Zu ihrer Synthese werden diese Aminosäuren Stück für Stück aneinander gebaut. In der Forschung werden Peptide größtenteils von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern selbst im Labor hergestellt. Damit sie in der Forschung und Entwicklung und später als Wirkstoff eingesetzt werden können, müssen sie in reiner Form vorliegen. Bei der Synthese entsteht jedoch nicht nur das gewünschte Peptid, sondern es bilden sich auch zahlreiche Nebenprodukte. Diese müssen in einem Reinigungsschritt entfernt werden.
Die derzeitig üblichen Reinigungsverfahren sind noch sehr zeit- und kostenintensiv. Dr. Robert Zitterbart, einer der Gründer von Belyntic, beschäftigte sich schon in seiner Doktorarbeit damit, eine gangbare Lösung für dieses Problem zu finden. Es gelang ihm, ein weniger aufwendiges Reinigungsverfahren zu entwickeln. Zusammen mit Dominik Sarma und Dr. Oliver Reimann rief er Ende 2014 das Start-Up EnviroPep ins Leben, um die Lösung zu vermarkten. Die Ausgründung wird vom Bundeswirtschaftsministeriums im Rahmen des EXIST-Programms gefördert. Als Gründungsprojekt der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) erhalten die Forscher zudem Unterstützung durch die Humboldt-Innovation GmbH und den HU-Gründungsservice. Im November 2016 hat sich das Team um den Diplom-Kaufmann Andreas Regnery erweitert. Mit dem neuen Namen Belyntic wollen die Gründer nun auf den Markt treten.
Die Zusammenarbeit zwischen der BAM und dem Gründerteam erwies sich dabei für beide Seiten als ideale Kooperation. Da Sarma seine Diplom- und Doktorarbeit im Fachbereich Chemische und optische Sensorik angefertigt hat, begleitet Dr. Knut Rurack, Leiter des Fachbereichs, die Initiative vom ersten Tag an. Die enge Zusammenarbeit erleichterte der neuen Firma die ersten Schritte. Die BAM stellt dem jungen Unternehmen an ihrem Standort im Technologiepark in Adlershof ihre Expertise sowie eine exzellente Forschungsumgebung zur Verfügung.

In den Laboren der BAM entwickeln die Gründer ein neuartiges Verfahren zur parallelen Reinigung von chemisch synthetisierten Peptiden.
Quelle: BAM
Von Profis gelernt: Vertrauen schaffen durch Qualitätssicherung
Doch die Kooperation mit den Ausgründern geht weit über die Bereitstellung der Infrastruktur für Laborarbeiten und IT-Systeme hinaus. „Wir wollen den Gründern schon in der Anfangsphase helfen, das Fundament für den professionellen Umgang mit Qualitätsmanagement, Arbeitssicherheit und Gefährdungsbeurteilungen zu legen“, erklärt Rurack, „diese Themen gehören ja zum Kerngeschäft der BAM“. Seiner Erfahrung nach unterschätzen viele Firmengründerinnen und -gründer die Bedeutung des Qualitätsmanagements für spätere Phasen eines funktionierenden Unternehmens. Stattdessen fokussieren sie sich sehr stark auf ihre innovative Idee.
Auch Sarma und seine Mitstreiter bestätigen, dass ihr Weg von Wissenschaftlern zu Unternehmern ein Umdenken erfordert. „Im Labor waren wir fokussiert auf unsere Forschungsaktivitäten“, sagt Sarma. Der industrielle Blickwinkel spielte eine eher untergeordnete Rolle. Doch schon bei den ersten Präsentationen des Konzepts zur Peptidreinigung wurde den Gründern klar, dass sie hier frühzeitig Impulse setzen müssen. Eine ihrer Zielgruppen ist die Pharmabranche. „Dieser Bereich unterliegt starken Regulierungen“, erklärt Sarma. „Dank der BAM haben wir schon sehr früh gelernt, welche Prozesse unsere zukünftigen Kunden beispielsweise in der Qualitätssicherung von uns erwarten. Das ist wichtig, um das Vertrauen von möglichen Geschäftspartnerinnen und -partnern zu gewinnen.“
Komplexe Chemie für einfache Lösungen
Die Firmengründer wissen, wie schwer es ist, als Neuling auf dem umkämpften Pharmamarkt Fuß zu fassen. Deshalb wollen die Berliner nach der Gründung zunächst mit anderen Kundengruppen ein rentables Basisgeschäft aufbauen. Am Anfang soll ein Angebot für Forschungsteams wie wissenschaftliche Institute und Universitäten, aber auch für Hersteller von Peptiden stehen. Belyntic arbeitet dazu an der Entwicklung eines einfachen Kits zu Reinigung von Peptid-Produkten. „Bei der Aufarbeitung mit unserem Verfahren erreichen wir im Schnitt Reinheiten von mehr als 90 Prozent“, berichtet Sarma.
Dabei arbeiten die Gründer mit einem Trick. Sie haben ein Catch & Release-Verfahren als Lösung entwickelt. Während der Synthese bauen sie an das gewünschte Peptid einen chemischen Anker – analog zur Kupplung einer letzten Aminosäure. Ein modifiziertes Filtermaterial angelt das Peptid dann über diesen Anker gezielt aus der Mischung heraus. „Die dahinterstehende Chemie ist komplex, die Anwendung unseres Verfahrens jedoch intuitiv und unkompliziert“, sagt Sarma und ergänzt: „Wir können jetzt schon 20 verschiedene Peptide gleichzeitig reinigen, das geht mit keinem verfügbaren Verfahren.“ Außerdem erweist sich die Methode als umweltfreundlicher. „Das ist besonders für große Hersteller interessant, weil die regulatorischen Auflagen immer größer werden und der Umweltaspekt für die Kundinnen und Kunden wichtiger wird“, meint Sarma.
Innovative Ideen konsequent umsetzen
Rurack hofft, dass die Kooperation der BAM mit Belyntic anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern als Vorbild dient. „Bei der BAM gibt es viel anwendungsnahe Forschung. Wir haben ein fruchtbares Patent- und Patentierungswesen. Aber ich würde mir noch mehr Start-ups im Bereich der analytischen und Materialchemie wünschen“, erklärt er. „Am Beispiel Belyntic können wir verfolgen, wie ein junges Unternehmen tickt und welche Faktoren für eine Firmengründung wichtig sind“. Mit diesen neu gewonnenen Erfahrungen und dem tiefgreifenden Knowhow der BAM will Rurack ein Informationspaket schnüren, um anderen Gründungswilligen anwendungsnahes Fachwissen zur Verfügung zu stellen. Davon könnten sowohl interne Teams der BAM profitieren, die über eine Ausgründung nachdenken, als auch Start-ups aus externen Gründungszentren, sagt Rurack: „Das erhöht die Motivation, eine gute Idee durch die Gründung einer eigenen Firma umzusetzen“.