15.07.2019

Ein Feuer brennt unter einem Gasbehälter, der mit Sensoren verdrahtet ist.

Die Zahl von Fahrzeugen mit Gasantrieb steigt. Die BAM entwickelt daher Untersuchungsverfahren für das unfallbedingte Versagen von Treibstoffbehältern bei unterschiedlichen Brand- und Explosionsszenarien.

Quelle: BAM, Fachbereich Konstruktiver Brand- und Explosionsschutz Gase

Projektlaufzeit

01.05.2015 - 30.06.2019

Projektart

BAM eigenes Projekt

Projektstatus

Geschlossen

Kurzbeschreibung

Das Projekt Complex Fires - Auswirkungen von Behälterversagen (CoFi-ABV) untersucht in komplexen Brand- und Explosionsszenarien das unfallbedingte kritische Versagen von Behältern für alternative Treibstoffe in Fahrzeugen. Die Resultate sollen auch eine Grundlage für Handlungshilfen bilden, die Feuerwehrleute und Retter bei Unfällen oder Havarien zu Rate ziehen.

Ort

Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) Zweiggelände Horstwalde
An der Düne 44
15837 Baruth/Mark

Die 11 kg Propangasflasche wird mit Benzin unterfeuert. Das führt hier im Versuch zum Versagen des Behälters und Flammenausbreitung.

Explosionstest mit 11 kg-Propangasflasche

Quelle: BAM


Das Projekt Complex Fires - Auswirkungen von Behälterversagen (CoFi-ABV) untersucht und bewertet die Auswirkungen beim unfallbedingten kritischen Versagen von Behältern für alternative Treibstoffe in Fahrzeugen (CNG, LPG, LNG, Wasserstoff). Ein Schwerpunkt liegt dabei auf komplexen Brand- und Explosionsszenarien.

Stilisierter Programmablaufplan

Quelle: BAM

Im Rahmen des Projekts Complex Fires - Auswirkungen von Behälterversagen (CoFi-ABV) führt die BAM auf Ihrem Testgelände Technische Sicherheit Versuchsreihen durch (auch Großversuche). Feldtaugliche Messtechnik wird in verschiedenen Szenarien erprobt und für bestimmte Einsatzzwecke weiterentwickelt. Die Versuche sind auch Grundlage für eine statistische Datenbasis, die u. a. für probabilistische Versagensprognosen genutzt werden kann.

Händeschütteln

Quelle: BAM

Das Projekt Complex Fires - Auswirkungen von Behälterversagen (CoFi-ABV) ist ein BAM-finanziertes Projekt und wird ohne Drittmittel durchgeführt. Mehrere Fachbereiche sind beteiligt. Die BAM arbeitet in diesem Projekt u.a. eng mit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), der HFUK sowie mit der Berliner Feuerwehr zusammen.

Ein Pfeil in der Mitte einer Zielscheibe

Quelle: BAM

Ergebnisse des Projekts Complex Fires - Auswirkungen von Behälterversagen (CoFi-ABV) sollen in Handlungshilfen für Feuerwehren und Retter einfließen. Daten aus den experimentellen Versuchen sollen eine solide Basis für probabilistische Versagensprognose bilden.

Complex Fires - Auswirkungen von Behälterversagen (CoFi-ABV)

Die Akzeptanz von alternativen Kraftstoffen aus flüssigen oder komprimierten Gasen nimmt zu, da diese Kraftstoffe als sauber gelten. Alternative Kraftstoffe sind beispielsweise CNG (Compressed Natural Gas, Erdgas), LPG (Liquefied Petroleum Gas, „Autogas“), LNG (Liquefied Natural Gas) oder Wasserstoff. Im Gegensatz zu Tanks für Benzin oder Diesel müssen Tanks für alternative Treibstoffe als Druckbehälter ausgelegt und mit einer Sicherheitseinrichtung versehen sein, z. B. mit einem Überdruckventil. Dennoch kann der Tank bei Unfällen beschädigt werden, wodurch es zu Leckagen oder zu Beeinträchtigungen der Sicherheitseinrichtung kommen kann und Gas austritt. Explosionsfähige Brennstoff-Luftgemische sind die Folge. Eine Zündung dieser Gemische führt dann zu einer deutlichen Druck-, Temperatur- und Wärmestrahlung sowie zu massiven Trümmerwürfen. Für Rettungskräfte sind die Gefahren solcher Szenarien heute noch schwer abzuschätzen. Bisher lässt sich häufig nicht von außen erkennen, ob ein Fahrzeug mit einem alternativen Treibstoff betrieben wird. Insgesamt gibt es bisher nur wenige valide Daten. Auch existiert bisher kein praxistaugliches Instrument, mit dem Feuerwehren in solchen Fällen das austretende Gas zuverlässig aus sicherer Entfernung messen können.

Die BAM untersucht im Projekt „Complex Fires – Auswirkungen von Behälterversagen“ die Konsequenzen beim unfallbedingten Versagen von Behältern für alternative Kraftstoffe. Die Resultate sollen u.a. eine Grundlage für Handlungshilfen bilden, die Feuerwehrleute und andere Einsatzkräfte bei Unfällen oder Havarien zu Rate ziehen können. Daraus lassen sich u.a. Sicherheitsabstände für Einsatzkräfte und Passanten anpassen.

Praxisnahe Brand- und Explosionsszenarien

Aus der Vogelperspektive aufgenommenes Foto eines Brandversuchs mit weit sichtbarer Rauchfahne.

Bei Explosionstests sind große Sicherheitsabstände notwendig. Die BAM verfügt auf dem Testgelände Technische Sicherheit über entsprechende Möglichkeiten.

Quelle: BAM, Fachbereich Konstruktiver Brand- und Explosionsschutz Gase

Die Brand- und Explosionsszenarien werden praxisnah, wirtschaftlich und reproduzierbar gestaltet. Dazu führten die BAM-Ingenieure und Techniker Vorversuche mit drei unterschiedlichen Unterfeuerungsmethoden durch: Holzfeuer, Gasfeuer sowie Poolfeuer mit Benzin. Sie ermittelten den effektiven Wärmeeintrag in die jeweiligen Prüfkörper, d. h. in die Gasflaschen oder Tanks. Das Poolfeuer erwies sich als am besten geeignet für die folgenden Großversuche mit Speicherbehältern für CNG, LPG und Wasserstoff. Die Auswirkungen des Tankversagens wurden untersucht und auch, wie sich Tanks mit unterschiedlichen Füllmengen an Treibstoff im Feuer verhalten. Nach dem Versagen der Behälter - den Explosionen - wurden Fragmentzahl und -masse, Wurfweiten und die Streumuster bestimmt.

Ein Ziel dieses Projekts ist es, Messtechnik für bestimmte Einsatzzwecke zu validieren und weiter zu entwickeln. Dafür setzen die Ingenieure mobile und robuste Messtechnik ein, die sich gut für den Feldeinsatz eignet. Eine mobile Flugplattform (UAV) wird für den Einsatz bei bestimmten Unfallszenarien erprobt. Dabei geht es z. B. darum, Methan aus der sicheren Distanz zu detektieren. Im Rahmen des Projektes wurde die Flugsteuerung programmiert. Datenschnittstellen, die Sensorintegration des Methanlasers sowie die CT-basierte Datenauswertung wurden realisiert und werden kontinuierlich weiterentwickelt.

Ein zweites wichtiges Gefahrenszenario stellt der kontinuierliche Gasaustritt aus einem beschädigten Behälter dar. Hier kann sich das Gas mit der Umgebungsluft zu einer Gaswolke mischen. Bei einer Zündung kann dies zur Bildung eines Flammenballs führen. In Versuchsreihen werden die so genannten „unverdämmten“ Gaswolkenexplosionen systematisch untersucht.

Erste Ergebnisse

Die Sicherheitsabstände bei möglichem Behälterversagen wurden auf der Basis neuer Erkenntnisse im Hinblick auf Wurfweiten, Wärmestrahlung und Druck maßgeblich vergrößert. Hierzu wird ein erstes Merkblatt mit der DGUV erarbeitet, worin detailliert beschrieben ist, welche Gefahren beim Brand von Propangasflaschen entstehen können. Für die bisher untersuchten Treibstoffbehälter mit LPG, CNG und Wasserstoff sollen weitere Merkblätter folgen. Aus den Messdaten der Versuche entstand eine statistische Datenbasis, welche die Grundlage u.a. für die Erstellung einer probabilistischen Versagensprognose darstellen wird. Ergebnisse zu Versuchen mit LPG- und CNG-Tanks sind derzeit in der Auswertung. Die mobile Flugplattform wird weiterentwickelt und die Sensorik miniaturisiert.