
Abguss einer im kleintechnischen Lichtbogenofen reduzierten, eisenarmen Stahlwerksschlacke.
Quelle: BAM
Vor dem Hintergrund der Verringerung der CO2-Emissionen werden auch in der Zementindustrie Wege gesucht, Rohstoffe durch industrielle Reststoffe zu ersetzen. Aufgrund der starken chemischen Gemeinsamkeiten zwischen einem Zementklinker als wichtigster Komponente im Zement und einer bei der Rohstahlherstellung erzeugten sog. Stahlwerksschlacke steht deren stoffliche Verwertung in der Zementproduktion derzeit stark im Fokus verschiedener Forschungstätigkeiten. Ein aus der Schmelze gebildeter Zementklinker („Schmelzklinker“) kann aus flüssigen Stahlwerksschlacken (in dieser Arbeit: im Linz-Donawitz Sauerstoffblasverfahren erhaltene Schlacken - LDS) durch eine reduzierende thermochemische Behandlung hergestellt werden. Bei diesem Verfahren wird oxidisch gebundenes Eisen zum Metall reduziert und abgeschieden. Es kann als Rohstoff in der Stahlindustrie verwendet werden. Die aus der Behandlung resultierende eisenarme Schlacke hat eine ähnliche chemische und mineralogische Zusammensetzung wie gewöhnlicher Portlandzementklinker. Die hydraulische Reaktion des Schmelzklinkers ist jedoch wesentlich langsamer als die von gewöhnlichem Portlandzement, kann aber durch Zugabe von Gips als Sulfatträger beschleunigt werden. In die Mineralphasen eingelagerte Fremdionen wie Eisen, Phosphor oder Mangan haben dabei einen erheblichen Einfluss auf das Erstarrungsverhalten: Je höher der Gehalt an Fremdionen ist, desto geringer ist die Reaktionsgeschwindigkeit.
Die hydraulische Reaktivität des Schmelzklinkers aus LDS, eines synthetischen Schmelzklinkers ohne Fremdionen und eines aus einer Mischung beider Materialien hergestellten Schmelzklinkers wurde mit und ohne Zusatz von Gips untersucht. Obwohl der Prozess der reduzierenden Behandlung flüssiger Stahlwerksschlacken in der Stahlindustrie aufgrund technischer Herausforderungen noch nicht etabliert ist, zeigen die Ergebnisse dieser Arbeit das Potenzial von Stahlwerksschlacken als hydraulisch aktive Komponenten im Zement. Derzeit wird unbehandelte Schlacke in minderwertigen Anwendungen, z. B. im Straßenbau, eingesetzt, wo ihr Rohstoffpotenzial nicht voll ausgeschöpft wird, oder sie muss sogar deponiert werden. Der Ersatz von Klinker durch reduzierte Schlacke würde nicht nur Primärrohstoffe einsparen, sondern auch einen entscheidenden Beitrag zur Verringerung der Treibhausgasemissionen der Zementindustrie leisten. Es sind jedoch weitere Untersuchungen erforderlich, um die der Reaktivität von Schmelzklinker zugrundeliegenden Mechanismen im Einzelnen aufzuklären.
Effect of gypsum on the hydration of fused cement clinker from basic oxygen furnace slag
Katharina Schraut, Burkart Adamczyk, Christian Adam, Dietmar Stephan, Birgit Meng, Sebastian Simon, Julia von Werder, Tamino Hirsch, Tanja Manninger
Advances in Cement Research, Volume 36 Issue 2, 2024, pp. 64-82