17.07.2025
Die UN-Modellvorschriften für den Gefahrguttransport und das ADR/RID sind wichtige Regelwerke für den sicheren Transport gefährlicher Güter.

Die UN-Modellvorschriften für den Gefahrguttransport und das ADR/RID sind wichtige Regelwerke für den sicheren Transport gefährlicher Güter.

Quelle: BAM

Der sichere Umgang mit chemischen Stoffen ist ein zentrales Anliegen in Industrie und Transport. Besonders herausfordernd sind sogenannte selbstzersetzliche Substanzen – chemische Verbindungen, die unter bestimmten Bedingungen ohne äußere Einflüsse durch eigene Wärmefreisetzung heftig reagieren können. Neue Untersuchungen zeigen nun, dass sich ein standardisiertes Screening-Verfahren zur Vereinfachung der Bewertung dieser Stoffe erfolgreich etablieren lässt.

Im Fokus stehen zwei mögliche Messverfahren:

- Die Anwendung der Differential Scanning Calorimetry (DSC) – ein analytisches Verfahren, das die Wärmefreisetzungsrate thermischer Reaktionen unter kontrollierten Temperaturbedingungen misst. Dabei werden nicht nur Zersetzungstemperaturen erfasst, sondern auch die freigesetzte Reaktionsenergie.
- Die Bestimmung des Wärmeflusses, also der Wärmemenge, die während einer Reaktion pro Zeiteinheit freigesetzt wird. Diese Größe erlaubt eine besonders präzise Einschätzung des Gefahrenpotenzials, da sie direkt mit der Stärke der exothermen Reaktion verknüpft ist.

Ein wesentlicher Vorteil des Verfahrens liegt in seiner praktischen Vereinfachung: Für die Durchführung sind nur sehr geringe Substanzmengen (mg bis g) erforderlich, was nicht nur die Sicherheit im Labor erhöht, sondern auch die Handhabung erleichtert. Zudem lassen sich die Prüfungen deutlich schneller und kostengünstiger durchführen als mit herkömmlichen Methoden – ein entscheidender Fortschritt, insbesondere bei der Bewertung vieler neuer Stoffe in kurzer Zeit in der Forschung und Entwicklung der chemischen Industrie.

Die Auswertung der Messergebnisse ermöglicht die Definition sicherheitstechnisch relevanter Schwellenwerte. Auf dieser Basis kann frühzeitig entschieden werden, ob ein Stoff als Gefahrgut der Klasse 4.1 einzustufen ist – ein klarer Vorteil für Hersteller, Logistikunternehmen und Behörden.

Die Bedeutung dieser Erkenntnisse reicht über die Forschung hinaus: Das Verfahren wurde bereits in die geltenden Gefahrgutregelwerke überführt. Es kann somit zukünftig offiziell zur Einstufung und Handhabung selbstzersetzlicher Stoffe herangezogen werden. Dies stellt einen wichtigen Schritt zur Harmonisierung internationaler Sicherheitsstandards dar.

In einer Zeit, in der neue Materialien und Substanzen in immer kürzeren Innovationszyklen auf den Markt kommen, bietet dieses Verfahren eine praxisnahe und wissenschaftlich fundierte Lösung – und sorgt so für mehr Sicherheit und Transparenz entlang der gesamten Lieferkette.

Screening Procedures for Self-Reactive Substances, Differential Scanning Calorimetry-Onset and Heat-Flux Criteria
Dr. Markus Gödde, Jörg Clemens, Dr. Marcus Malow
Chemical Engineering & Technology, Volume 48, Issue3, March 2025