05.12.2024
Spannungsrissverhalten von Polyethylen in Biodiesel und konventionellem Diesel

Spannungsrissverhalten von Polyethylen in Biodiesel und konventionellem Diesel

Quelle: BAM

Im Zeitalter des Klimawandels wird verstärkt nach umweltfreundlichen Alternativen zu fossilen Brennstoffen gesucht. Eine vielversprechende Option ist dabei aus erneuerbaren Rohstoffen gewonnener Biodiesel. Neueste Generationen von Biokraftstoffen vermeiden direkte Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion, da pflanzliche Nebenprodukte oder Algen als Ausgangsstoffe zur Anwendung kommen.

Besonders für die Verringerung der netto CO2-Emissionen beim Langstreckentransport von Menschen und Gütern, wo direkter Elektroantrieb derzeit noch schwer umsetzbar ist, ist Biodiesel attraktiv, da er sowohl unmittelbar in bestehenden Motoren eingesetzt als auch mittels bestehender Infrastrukturen gelagert und verteilt werden kann. Hier stellt sich die Frage nach der Materialverträglichkeit, insbesondere in Bezug auf Behälter und Rohre für Lagerung und Transport.
Ein wichtiges Material in diesem Bereich ist Polyethylen hoher Dichte (PE-HD), unter anderem für Tanks und Kanister. Biodiesel verhält sich in vieler Hinsicht anders als herkömmlicher Diesel, was Auswirkungen auf die Dauerhaftigkeit und den sicheren Einsatz der verwendeten Materialien haben könnte. Ein kritischer Aspekt ist der sogenannte „umgebungsbedingte Spannungsriss“ (ESC – environmental stress cracking), ein häufiger Schädigungsmechanismus bei PE-HD, der bereits bei geringer mechanischer Belastung auftreten und zu plötzlichem Versagen führen kann.

Die in dieser Studie untersuchten PE-HD-Materialien wurden vergleichend hinsichtlich Spannungsrissbeständigkeit und Risswachstum in Kontakt mit Biodiesel und Diesel untersucht – mittels Full-Notch Creep Test (FNCT). Verglichen mit Referenz-Testmedien zeigte sich, dass beide Kraftstoffe die Rissausbreitung im Material beschleunigen, Biodiesel jedoch nur halb so stark wie konventioneller Dieselkraftstoff. Diese Beschleunigung ist auf den Weichmachungseffekt der Kraftstoffe zurückzuführen, der durch deren unterschiedlich starke Absorption verursacht wird.

Weiterhin konnte durch Analyse der entstandenen Bruchflächen mittels Infrarot-Spektroskopie erstmals eindeutig nachgewiesen werden, dass in der Risszone eine bevorzugte Aufnahme des Biodiesels auftritt. Diese lokal verstärkte Absorption verändert dort Struktur und Morphologie des Materials und beeinflusst so die Rissausbreitung.

Die Erkenntnisse dieser Arbeit tragen sowohl zum grundlegenden Verständnis relevanter Schädigungsmechanismen von PE-HD bei, als auch zu dessen Einsatz in praktischen und zum Teil sicherheitsrelevanten Anwendungen.

Characteristics of environmental stress cracking of PE-HD induced by biodiesel and diesel fuels
Markus Schilling, Niklas Marschall, Ute Niebergall, Volker Wachtendorf, Martin Böhning*
Polymer Testing, Band 138 (2024), Nr. 108547