
Stahlproben vor und nach mikrobiell beeinflusster Korrosion in einer Petrischale
Quelle: BAM
Mikrobiell beeinflusste Korrosionsprozesse (engl.: microbiologically influenced corrosion, MIC) verursachen beträchtliche Schäden in Industrie und Umwelt, ein wirkungsvoller Schutz dagegen ist bislang jedoch nicht bekannt. MIC ist eine Art der Korrosion, die durch das Vorhandensein von Mikroorganismen auf der Oberfläche eines Materials verursacht wird. Diese Mikroorganismen nutzen beispielsweise direkt Elektronen aus einem Stahl/einer Legierung für ihren Stoffwechsel oder produzieren Chemikalien, die Metalle korrodieren können. Dies führt zu strukturellen Schäden und einer Schwächung des Materials, z.B. in Häfen, an Ölpipelines oder Windkraftanlagen. Es ist schwierig, MIC zu verhindern oder zu kontrollieren, daher ist es wichtig, Metallstrukturen regelmäßig zu überwachen. MIC tritt besonders häufig in feuchten oder nassen Umgebungen unter Sauerstoffausschluss auf, in denen spezielle Bakterien, Archaeen und andere Mikroorganismen gedeihen können. Archaeen sind winzige Lebewesen, die auf der Erde vorkommen und sich genetisch von Bakterien und Eukaryoten unterscheiden. Ein Beispiel ist der korrosive methanogene Stamm Methanobacterium-affiliated IM1, der für diese Studie untersucht wurde.
Das hier vorgestellte Paper des Monats beschäftigt sich mit der Methodenentwicklung zur genaueren Charakterisierung der an MIC beteiligten Prozesse, um zukünftig präventive Schutzmaßnahmen entwickeln zu können. Im Vergleich zu anderen gut charakterisierten Organismen ist die Analyse von Archaeen auf Einzelzellebene extrem selten. Erstmalig wurde hier die induktiv gekoppelte Plasma-Flugzeitmassenspektrometrie (engl.: inductively coupled plasma time-of-flight mass spectrometry, ICP-ToF-MS) in einem Einzelzellmodus zur Untersuchung von MIC-Prozessen eingesetzt. Die Analyse einzelner Zellen ermöglicht die Aufklärung von Mechanismen, die bei der Charakterisierung von Zellpopulationen unter Umständen unberücksichtigt bleiben. Untersucht wurde unter anderem die mögliche Metabolisierung einzelner Elemente durch IM1 aus diversen Stahlproben. Die Ergebnisse zeigen, dass die Zellen auf die verschiedenen Arten von zugesetzten Elementen reagieren und die Fähigkeit besitzen, Spuren- bzw. Nebenelemente wie Chrom, Vanadium, Titan, Kobalt und Molybdän von festen Stahloberflächen aufzunehmen. Die entwickelte Methode erweitert die analytischen Möglichkeiten zur Untersuchung von Stahl-MIC-Wechselwirkungen. Informationen auf der Ebene einzelner Mikroorganismen können in Zukunft genutzt werden, um neue Materialschutzkonzepte zu entwickeln.
Beyond corrosion: Development of a single cell-ICP-ToF-MS method to uncover the process of microbiologically influenced corrosion
A. E. Olbrich, B. A. A. Stepec, N. Wurzler, E. C. Terol, A. Koerdt, B. Meermann, Metallomics 2022, 14, 11, mfac083, https://doi.org/10.1093/mtomcs/mfac083
BAM Abteilung Analytische Chemie; Referenzmaterialien
BAM Fachbereich Anorganische Spurenanalytik
BAM Fachbereich Chemische und optische Sensorik
BAM Abteilung Material und Umwelt
BAM Fachbereich Biologische Materialschädigung und Referenzorganismen
BAM Abteilung Materialchemie
BAM Fachbereich Grenzflächenprozesse und Korrosion