01.02.2023
Ein Holzsteg, der über einen bewaldeten Abhang führt.

Holzkonstruktionen werden häufig mit Bioziden geschützt. Dabei können die aktiven Substanzen in die Umwelt gelangen und Bakterien beeinflussen.

Quelle: Selina Schmidt, BAM FB 4.1

Materialien werden häufig mit Biozidprodukten vor biologischem Abbau geschützt. Die aktiven Substanzen, die in solchen Materialschutzmitteln enthalten sind, können in Böden oder in Gewässer eingetragen werden, weil geschützte Materialien meist in engem Kontakt mit der Umwelt stehen. In der Umwelt kommt ein breites Spektrum an Bakterien in unterschiedlichen Lebensräumen vor, welche somit den Bioziden ausgesetzt sind.

Es ist schon lange bekannt, dass Bakterien auf Stressfaktoren reagieren, indem sie langsamer wachsen oder Gene anschalten, die ihnen Eigenschaften geben, um mit Stress besser umgehen zu können. Neuere Untersuchungen zeigten zudem, dass Bakterien unter Stress gänzlich neue Eigenschaften erwerben können, indem sich bereits vorhandene Gene durch Mutationen verändern oder der Austausch von Genen zwischen verschiedenen Bakterienzellen verstärkt wird (z.B. durch einen Prozess, der Konjugation genannt wird). Bisher war noch nicht bekannt, ob auch aktive Substanzen, die in Biozidprodukten verwendet werden, die Raten mit denen Mutationen entstehen oder mit denen Gene ausgetauscht werden beeinflussen.

In einem Forschungsprojekt an der BAM, in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern von der Freien Universität Berlin, wurde nun der Einfluss von verschiedenen Bioziden auf Mutationsraten und Genaustauschraten in Bakterien untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die folgenden Biozide Mutationsraten in dem als Modell verwendetem Bakterium Escherichia coli erhöhen: Chlorhexidindigluconat, die quaternäre Ammoniumsubstanz Didecyldimethylammoniumchlorid (DDAC), das Schwermetall Kupfer, das Insektenschutzmittel Permethrin und das Fungizid Propiconazol. Weiterhin zeigt die Studie, dass die folgenden Substanzen den Austausch von Genen zwischen Bakterien erhöhen: die quaternäre Ammoniumsubstanz Benzalkoniumchlorid, Chlorhexidindigluconat und Permethrin.

Erhöhte Mutationsraten und Genaustauschraten können es Bakterien nicht nur ermöglichen sich gegen Biozide anzupassen. Beide Prozesse sind besonders wichtig bei der Entstehung und Verbreitung von Resistenzen gegen Antibiotika, welche als Arzneimittel zur Bekämpfung von bakteriellen Infektionskrankheiten verwendet werden. Zukünftige Studien müssen nun zeigen, ob Biozide auch außerhalb des Labors, in der natürlichen Umwelt, Mutationsraten und Genaustauschraten erhöhen und ob dies relevant für die Risikobewertung von Bioziden bzgl. der Antibiotikaresistenzentstehung und -verbreitung ist.

Biocides Used as Material Preservatives Modify Rates of de novo Mutation and Horizontal Gene Transfer in Bacteria
Selina B. I. Schmidt, A. Rodríguez-Rojas, J. Rolff und Frank Schreiber
erschienen im Journal of Hazardous Materials, Band 437, 129280, 2022

BAM Abteilung Analytische Chemie
BAM Fachbereich Biologische Materialschädigung und Referenzorganismen