
Wasserstoffeinfluss auf die mechanischen Eigenschaften des warmfesten Stahls P92/X10CrWMoVNb9-2: (a) Kraft-Weg-Diagramm für unterschiedliche Wasserstoffkonzentrationen "HD", Bruchtopografie für (b) hohe HD von 7,2 ml/100 g Fe, (c) mittlere HD von 3,7 ml/100 g Fe und (d) wasserstofffreie Referenz.
Quelle: BAM
Martensitische 9%-Cr-Stähle wie P91 (X10CrMoVNb9-1) oder P92 (X10CrWMoVNb9-2) sind Werkstoffe mit ausgezeichneter Kriechbeständigkeit. Sie sind derzeit in Wärmekraftwerken und Hochtemperaturanwendungen in der chemischen Industrie weit verbreitet. Mit dem Fokus auf CO2-neutrale Energiesysteme sind diese Stahlsorten auch mögliche Konstruktionswerkstoffe für Latentwärmespeicher, Fusionsreaktoranwendungen und als potenzielle Interkonnektorenwerkstoffe für Festoxid- bzw. Hochtemperaturbrennstoffzellen (SOFC) oder für deren Dampf-/Heißwasserversorgung. Die überlegene mechanische Kriechfestigkeit wird durch die martensitische Mikrostruktur und durch komplexe Ausscheidungen im nm-Bereich erreicht. Daher erfordern die Stähle eine sorgfältige Schweißverarbeitung und nach dem Schweißen muss ein mehrstufiges Wärmeverfahren durchgeführt werden. Die martensitischen 9% Cr-Stähle können generell eine erhöhte Anfälligkeit für verzögerte wasserstoffunterstützte Rissbildung aufweisen. Aus diesem Grund lag der Schwerpunkt dieser Studie auf den Auswirkungen der Mikrostruktur und der Wärmebehandlung auf die mechanischen Eigenschaften des P92-Grundmaterials und des P91-Mehrlagenschweißguts sowohl im geschweißten Zustand als auch im wärmebehandelten Zustand nach dem Schweißen (PWHT). Es wurden Zugversuche mit wasserstofffreien Referenzproben und elektrochemisch wasserstoffbeladenen Proben durchgeführt; die mechanischen Eigenschaften wurden bewertet und durch detaillierte fraktografische Analysen unterstützt. Schließlich wurde ein wasserstoff- und mikrostrukturabhängiges Bruchkriterium aufgestellt.
Alle untersuchten Gefüge zeigten eine wasserstoffbeeinflusste Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften im Vergleich zu den wasserstofffreien Referenzproben. Das martensitische P91-Schweißgut im geschweißten Zustand wies den höchsten Grad der Degradation unter Wasserstoffeinfluss auf. Das PWHT-Schweißgut des P91 und der Stahl P92 wiesen dabei vergleichbare Eigenschaften auf. Unter diesem Gesichtspunkt muss ein deutlich erhöhtes Risiko für wasserstoffunterstützte Kaltrisse bei der schweißtechnischen Herstellung von P91/P92-Schweißverbindungen in Betracht gezogen werden, bevor eine Wärmebehandlung durchgeführt wird. Dieser Beitrag ist dazu der letzte Teil einer Serie von drei Beiträgen, die sich ausführlich mit dem Einfluss des Gefüges auf die Wasserstoffdiffusion und dessen Auswirkungen auf die mechanischen Eigenschaften befassten. Die Arbeiten waren das Ergebnis einer langfristigen Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Chemnitz / Technischen Universität München.
Hydrogen effect on mechanical properties and cracking of creep-resistant 9% Cr P92 steel and P91 weld metal
Michael Rhode, Jonathan Nietzke, Tim Richter, Tobias Mente, Peter Mayr, Alexander Nitsche
veröffentlicht in Welding in the World, 67, 183–194 (2023).
BAM Abteilung Komponentensicherheit
BAM Fachbereich Versuchsanlagen und Prüftechnik