
Von links nach rechts: Reparatur am Rotorblatt, Schalenprüfstand mit Prüfkörper, simulierte Reparaturstelle am Anfang und am Ende des Schwingfestigkeitsversuchs (oben rechts Längsdehnung, unten Links Thermogramme),
Quelle: AdobeStock / Tarnero (links), BAM (mitte), Fachbereich Polymere Verbundwerkstoffe (rechts)
Rotorblätter von Windkraftanlagen werden heute als aerodynamisch, drei-dimensional geformte Sandwich-Schalenstruktur in Leichtbauweise aus Faser-Kunststoff-Verbunden (FKV) hergestellt. Die heute verwendeten FKV haben das Potential, über die projektierte Lebensdauer von 20 Jahren den rauen Betriebsbedingungen von Rotorblättern Stand zu halten. Wenn sich frühzeitige Schäden ereignen, sind diese vornehmlich auf Konstruktions- und/oder Fertigungsfehler sowie auf außergewöhnliche Überlast-Szenarien (Blitzschlag, Starkwind in Kombination mit Fehler in der Anlagen-Steuerung) zurückzuführen. Über die projektierte Lebensdauer müssen Rotorblätter daher im statistischen Mittel mehrfach (2–3-mal) repariert werden. Zu ca. 70% handelt es sich hierbei um Reparaturen von kleinerer bis mittlerer Größe der Sandwichschale, die „im Seil“, also am an der Windkraft Anlage montierten Rotorblatt erfolgt. Ziel ist es, dass die Reparatur über die Restlebensdauer hält, also nachhaltig ist.
Eine einfache und häufig verwendete Art ist die Pflaster- (Patch-) Reparatur, bei der lokal auf den beschädigten Bereich Verstärkungsschichten aus FKV aufgebracht werden. Diese Methode hat den Nachteil, dass es zu einer lokalen Steifigkeitszunahme kommt und am Rand der Reparaturstelle ein neuer Schaden entstehen kann. Besser ist eine Schäftung (Scarf Repair) mit einem Schäftverhältnis von 1:50. d.h. ein z.B 2 mm starkes Laminat aus FKV wird auf 100mm schräg angeschliffen und neuer FKV eingesetzt und eingeschliffen. Somit wird eine sowohl aerodynamisch als auch strukturmechanisch optimierte Reparatur erreicht. Dieses Verfahren ist grundsätzlich nicht neu und aus dem Flugzeugbau seit längerem bekannt. Das Neue im Rahmen eines an der BAM im Fachbereich 5.3 Polymere Verbundwerkstoffe, Abteilung 5 Werkstofftechnik, von Dr. C. Ghafafian und Prof. V. Tappe durchgeführten Forschungsprojektes bestand darin, neben systematischen Untersuchungen zum Schichtaufbau auch die geometrische Form (rund oder viereckig in Bezug auf die Draufsicht) zu variieren. Hierzu war es erforderlich, neben den schon häufiger verwendeten Streifenproben erstmal Schalenprüfkörper mit simulierter Reparatur zu verwenden und diese in einem Schalenprüfstand unter simulierter Betriebsbeanspruchung hinsichtlich der Schwingfestigkeit zu testen. Mit zerstörungsfreien Prüfverfahren (Felddehnungsmessung, Thermographie) wurden die Entwicklung von Schäden in-situ aufgezeichnet und analysiert. Im Endergebnis konnte ein Konzept erarbeitet werden, bei dem die Reparaturstellen mindestens eine gleichwertig, teilweise sogar eine höhere Schwingfestigkeit aufwiesen, als die nicht reparierten Referenzschalen.
Prolonging structural integrity—Fatigue of scarf repairs for wind turbine blade shell applications
Carineh Ghafafian, Volker Trappe
veröffentlicht in Composites Part A, Band 167, Aufsatznummer 107419, 2023.
BAM Abteilung Werkstofftechnik
BAM Fachbereich Polymere Verbundwerkstoffe