01.12.2021
Grafik: Die in Lederfaser enthaltenen Proteine wie Kollagen sind Synergisten für konventionelle Flammschutzmittel in Polymeren wie Ethylenvinylacetat

Die in Lederfaser enthaltenen Proteine wie Kollagen sind Synergisten für konventionelle Flammschutzmittel in Polymeren wie Ethylenvinylacetat (EVA)

Quelle: BAM, Fachbereich Technische Eigenschaften von Polymerwerkstoffen

Die Natur kennt bekanntermaßen keinen Abfall. Im Gegensatz dazu entstehen bei der weltweiten Lederherstellung, die auf 15 Megatonnen pro Jahr geschätzt wird, enorme Mengen an Abfall. Neben China, Brasilien und Russland gehört Mexiko zu den Top-10 der Leder produzierenden Nationen. Lederabfälle stellen für Mexiko ein großes ökologisches und ökonomisches Problem dar, denn oft werden sie deponiert oder verbrannt. Auch die Polymerindustrie steht vor einem ökologischen Dilemma, da Verbraucher nachhaltigere Materialien möchten, ohne dabei auf Materialeigenschaften oder Sicherheitsaspekte wie Flammschutz verzichten zu müssen. Eine Überschneidung des Themas der nachhaltigen Polymere und des Lederabfalls in Mexiko findet sich in einem innovativen Projekt der BAM mit dem Forschungsinstitut CIATEC in Mexiko, das die Möglichkeiten von „Upcycling“ von Lederabfällen als multifunktionales Füllmaterial für Kunststoffe untersucht.

Im Rahmen des Kooperationsprojekts mit mexikanischen Wissenschaftler*innen wurde untersucht, ob Lederabfälle als Füllstoffe für herkömmliche Polymere dienen können. Im Fokus lag dabei vor allem ihre Flammschutzwirkung. Vorherige Untersuchungen an Keratin- und Agavefasern zeigten, dass diese Bio-Füllstoffe den Kunststoffanteil des Werkstoffes reduzieren können und somit auch die Brandeigenschaften verbessern.
Die Untersuchungen ergaben, dass Lederfasern einen synergistischen Effekt mit konventionellen phosphorhaltigen Flammschutzmitteln in Ethylen-Vinylacetat-Copolymeren (EVA), einem Material der Kabelindustrie, zeigen. Kunststoffproben, die 10 Gewichtsprozent Lederfasern und 20 Gewichtsprozent Flammschutzmittel enthielten, erzielten eine niedrigere Brandlast und bessere Brandeigenschaften als Vergleichsproben, die keine Lederfaser und 30 Gewichtsprozent Flammschutzmittel enthielten. Bei erhöhter Temperatur schmilzt ungeschütztes EVA, doch im Brand entwickelte sich bei den Kompositen mit Lederfasern eine verkohlte Schicht, welche die Kunststoffmatrix vor Wärmestrahlung und weiterem Massenverlust schützte. Die im Lederabfall enthaltene Proteine, wie z.B. Kollagene, dienen beim Zersetzungsprozess als Reaktionspartner für das Flammschutzmittel und die Matrix.

Das Paper des Monats „Waste not, want not: The use of leather waste in flame retarded EVA” bietet einen innovativen Ansatz hin zur „Circular Economy“ und zeigt, dass Abfälle der Lederindustrie auch Bausteine für flammgeschützte, nachhaltigere Kunststoffe sein können.

Waste not, want not: The use of leather waste in flame retarded EVA
A.Battig, G.Sanchez-Olivares, D.Rockel, M.Maldonado-Santoyo, B.Schartel
veröffentlicht in Materials & Design, Vol. 201, 110100, 2021
BAM, Fachbereich Technische Eigenschaften von Polymerwerkstoffen