06.12.2021
Grafik: Ein flexibler Kristall wurde designt und synthetisiert.

Ein flexibler Kristall wurde designt und synthetisiert. Die irreversibel deformierbaren Kristalle wurden erfolgreich als Waveguide eingesetzt.

Quelle: BAM, Fachbereich Strukturanalytik

Kristalle sind häufig spröde und zerbrechen bei mechanischer Belastung. Dieses Verhalten limitiert ihre Anwendungsmöglichkeiten stark. In den letzten Jahren wurden mechanisch flexible Kristalle entdeckt. Diese Kristalle können entweder irreversibel (plastisch) oder reversibel (elastisch) verbogen werden. Das mechanische Verhalten des Kristalls ist dabei von seiner Kristallstruktur abhängig.

Die Verbindung 4-bromo-6-[(6-chloropyridin-2-ylimino)methyl]phenol (CPMBP) wurde mit dem Ziel designt, einen mechanisch plastisch deformierbaren Kristall zu erhalten. Die Synthese erfolgte mechanochemisch, wodurch CPMBP schnell und umweltfreundlich hergestellt werden kann. Das nach der Synthese erhaltene Pulver wurde auskristallisiert und die mechanischen Eigenschaften der Einkristalle untersucht. Dabei zeigte sich, dass sich manche Kristalle plastisch deformieren ließen, andere aber zerbrachen. Röntgenkristallstrukturanalysen belegten, dass zwei verschiedene Polymorphe erhalten wurden. Die Kristallstrukturen beider Formen wurden gelöst. Die unterschiedlichen mechanischen Eigenschaften konnten auf Grundlage der Kristallstrukturen erklärt werden. Die Kristalle der Form I (spröde) haben eine verriegelte Struktur, weshalb die Kristalle bei mechanischer Belastung einfach zerbrechen. Bei der Form II (plastisch) haben sich Gleitebenen ausgebildet, die eine permanente Verschiebung von Molekülen innerhalb des Kristallgitters ermöglichen. Eine Untersuchung der optischen Eigenschaften zeigte, dass Form II (verglichen mit Form I) ein blau verschobenes Emissionsmaximum sowie eine circa 20-fach höhere Quantenausbeute besitzt. Dichtefunktionaltheorie (DFT) Berechnungen legen nahe, dass die unterschiedlichen optischen Eigenschaften durch die verschieden π ...π Distanzen innerhalb der Kristallstrukturen zustande kommen.

Die plastischen Kristalle konnten erfolgreich als optischer Waveguide verwendet werden. Die Experimente wurden dafür im geraden und im verbogenen Kristall durchgeführt. Die Resultate zeigen, dass der gebogene Kristall seine Fähigkeit als Waveguide nicht verliert. Durch eine Änderung der Wellenlänge der Lichtquelle kann aktives oder passives Waveguiding durchgeführt werden. Aktives Waveguiding beinhaltet dabei die Absorption des eingekuppelten Lichtes, wodurch die Photolumineszenz angeregt wird. Beim passiven Waveguiding wird eine Wellenlänge verwendet, die nicht absorbiert wird und daher unverändert durch den Kristall geleitet wird.

Tuning the mechanical flexibility of organic molecular crystals by polymorphism for flexible optical waveguides
Torvid Feiler, Biswajit Bhattacharya, Adam Michalchuk, S.-Y. Rhim, V. Schöder, E. List-Kratochvil, Franziska Emmerling
veröffentlicht in CrystEngComm, Band 23, Heft 34, Seiten 5815 - 5825, 2021
BAM, Abteilung Materialchemie, Fachbereich Strukturanalytik