01.01.2021
Grafik zu: Orientierungsverteilungs-Karte für Fe mit 9 % Chrom vor und nach der Exposition in 0.5 % SO2 bei 650°C.

Orientierungsverteilungs-Karte für Fe mit 9 % Chrom vor und nach der Exposition in 0.5 % SO2 bei 650°C. Auf der rechten Seite sind die Polfiguren für Ferrit (Fe) und Hämatit (Fe2O3) entsprechend der definierten Kristallorientierungsbeziehung dargestellt.

Quelle: BAM, Fachbereich Materialographie, Fraktographie und Alterung technischer Werkstoffe

Beim Einsatz unter hohen Temperaturen oxidieren und degradieren fast alle Legierungen, die von technologischem Interesse sind. Die Art der gebildeten Oxidschicht, ihre mikrostrukturellen Eigenschaften und folglich ihre Morphologie bestimmt, wie schützend sie für den Werkstoff unter fortlaufender Beanspruchung ist. Vielen Legierungen wird für ihren Einsatz im mittleren bis hohen Temperaturbereich Chrom hinzulegiert, was die Bildung von Chromia (Cr2O3) Schichten fördert. Eine dichte und gut haftende Chromia-Schicht stellt für viele Einsatzumgebungen ein effektiver Oberflächenschutz dar. Es gilt als gesichert, dass die Bildung einer solchen Schicht und ihrer schützenden Eigenschaften vom Cr-Gehalt in der Legierung, Einsatztemperatur und umgebender Gasatmosphäre abhängig ist. Ein bisher wenig betrachteter Aspekt bei der Bildung einer schützenden Oxidschicht ist das kristallographisch kontrollierte Wachstum als Resultat der an der Oberfläche auftretenden Kristallorientierungen der Legierung. Im vorliegenden Artikel werden die Orientierungsbeziehungen zwischen zwei Fe-Cr Legierungen und der sich bildenden Oxidschichten mittels Electron Backscatter Diffraction (EBSD) im Rasterelektronenmikroskop an identischen Positionen vor und nach der Korrosion untersucht. Um die Messpositionen trotz mikroskopisch rauer Oberfläche nach der Oxidation wiederzufinden zu können, wurden vor den Versuchen Mikrohärteeindrücke eingebracht. Folgend fand die Exposition bei 650°C und unter der Zufuhr von stark korrosivem SO2-haltigen Gas für nur wenige Minuten statt. Diese Studie zeigt die Anfangsstadien der Korrosion und den Wachstumsprozess, der von den strukturellen Beziehungen zwischen den dichtest gepackten Atomebenen dominiert wird. In der Regel treten trotz auftretender Orientierungsbeziehung entlang der Grenzfläche Fehlpassungen auf, die in Abhängigkeit von ihrer Größe zu erheblichen Spannungen führen können. Daher kann zur Ausbildung einer dichten und schützenden Chromoxidschicht die Reduzierung der Grenzflächenspannungen über den Chromgehalt ein wesentlicher Faktor sein.

Elucidation of orientation relations between Fe-Cr alloys and corrosionproducts after high temperature SO2 corrosion
Christiane Stephan-Scherb, Martina Menneken, Kathrin Weber, Leonardo Agudo, Gert Nolze
veröffentlicht in Corrosion Science, Band 174, Seite 108809 ff.
BAM, Fachbereich Materialographie, Fraktographie und Alterung technischer Werkstoffe