01.07.2021
Die beurteilte Spannbetonbrücke aus den 1960er Jahren

Die beurteilte Spannbetonbrücke aus den 1960er Jahren

Quelle: BAM

Der Bedarf an Bewertungen von Bestandsbauwerken ist fortwährend groß. Neben der natürlichen Alterung der bestehenden Bausubstanz werden neue Anforderungen an die Bauwerke gestellt. Die Infrastruktur wird durch gestiegene Verkehrslasten zum Teil deutlich stärker beansprucht als zum Herstellungszeitpunkt. Die sog. Nachrechnung, d. h. die rechnerische Zuverlässigkeitsbewertung von älteren Brücken, stellt sowohl für die in der Praxis tätigen Ingenieurbüros als auch für die Wissenschaft eine hochaktuelle Herausforderung dar. Ein bedeutsamer Vorteil gegenüber dem Neubauentwurf besteht darin, dass Untersuchungen am Bauwerk durchgeführt werden können, um zusätzliches Wissen über den aktuellen Zustand und die tatsächlich ausgeführte Konstruktion zu erwerben. Die Einbeziehung der gemessenen Informationen bei der Nachrechnung ermöglicht dann eine realitätsnähere Bauwerksbewertung. Durch eine darauf gründende, bedarfsgerechtere Planung von Maßnahmen wie Instandsetzungen, Nutzungseinschränkungen oder gar Ersatzneubauten können infrastrukturelle Verfügbarkeiten und im Allgemeinen der Ressourcenverbrauch optimiert werden.

Mit Blick auf die zunehmenden Verkehrslasten sowie den mitunter unzufriedenstellenden Zustand von Brücken sollten zusätzliche Schädigungen des Tragwerks durch Untersuchungen vor Ort soweit wie möglich vermieden werden. Deshalb besteht ein Ziel unserer Forschungsarbeiten darin, den Tragwerksbeurteilenden mit der zerstörungsfreien Prüfung eine abgesicherte und zuverlässige Informationsquelle für die Nachrechnung zur Verfügung zu stellen. Im Beitrag von Stefan Küttenbaum und Co-Autoren werden die aktuellen Ergebnisse anhand eines realen Fallbeispiels demonstriert. Es wird gezeigt, dass die Ultraschallecho- und die Impulsradarmethode wertvolle Informationen über relevante Bauwerksparameter liefern können.

Ein wichtiger Bestandteil der entwickelten Methodik ist die Berechnung von Messunsicherheiten, also der Unsicherheiten, die mit der Informationsgewinnung und -verarbeitung einhergehen. Messungen werden durchgeführt, um Wissen zu generieren. Die Messunsicherheit ist als vergleichbares Maß für die Qualität dieses Wissens aufzufassen. Erst durch deren Kenntnis können gemessene Informationen bei der Bauwerksbewertung genutzt werden – zur Steigerung der Urteilsfähigkeit der Beurteilenden und zugunsten realitätsnäherer Bauwerksbewertungen, in denen die tatsächlichen Eigenschaften der Tragwerke gewürdigt werden.

Bewertung von Bestandsbauwerken mit gemessenen Daten - Teil 2: Berechnung der Tragwerkszuverlässigkeit unter Einbeziehung der ZfP-Messergebnisse
Stefan Küttenbaum, Stefan Maack, T. Braml, A. Taffe, T. Strübing
erschienen in Beton- und Stahlbetonbau, 116, H. 3, S. 183–199, 2021
BAM, Fachbereich Zerstörungsfreie Prüfmethoden für das Bauwesen