01.09.2020
Geschweißte und gebrochene Implantproben

Geschweißte und gebrochene Implantproben

Quelle: BAM, Fachbereich Integrität von Schweissverbindungen

In geschweißten Komponenten aus hochfesten Feinkornbaustählen kann es während des Abkühlvorgangs der Schweißnaht und mehrere Tage danach zur Bildung von wasserstoffunterstützten Kaltrissen (engl. HAC – Hydrogen-assisted cracking) kommen. Die Vermeidung dieser Mikrorisse erfordert ein tiefgreifendes Verständnis des Zusammenspiels der Einflussgrößen Material, Beanspruchung der Schweißverbindung und vorliegende diffusible Wasserstoffkonzentrationen. Dabei ist die Mikrostruktur in der Wärmeeinflusszone (WEZ) von großer Bedeutung, welche abhängig von der Wahl des Grundwerkstoffs ist. Stähle der Güteklasse 960 MPa können mittels einem Vergütungsprozess (QT) oder dem thermomechanischen Walzen (TM) hergestellt werden, wodurch zwei unterschiedliche Mikrostrukturen entstehen. Ein direkter Vergleich dieser Stähle und ihrer Kaltrissanfälligkeit waren in der Literatur allerdings bislang nicht bekannt.

In der vorliegenden Studie wurde daher das Kaltrissverhalten in der WEZ der beiden hochfesten Feinkornbaustähle S960QL (QT) und S90MC (TM) beim Metall-Schutzgasschweißen mit Hilfe des fremdbeanspruchten Implant-Tests untersucht. Hierzu wurden zylindrische Implantproben mit einer definiert eingebrachten Wendelkerbe bündig in eine Stahlplatte eingespannt und mit einer Auftragsnaht überschweißt. Während der Abkühlung der Schweißnaht erfolgte eine definierte Beanspruchung der Implantproben mit einer Zuglast. Ziel der Untersuchungen war es, den Versagenszeitpunkt bis zum vollständigen Bruch der Implantproben in Abhängigkeit der angelegten Spannung aufzuzeichnen. Mit Hilfe metallografischer Untersuchungen konnten außerdem die maximal ertragbaren Spannungen für eine Rissvermeidung ermittelt werden. Begleitet wurden die Implant-Tests von Schweißungen zur Ermittlung der diffusiblen Wasserstoffkonzentration im Lichtbogenschweißgut. Die Ergebnisse zeigen, dass die Mikrostruktur der WEZ einen signifikanten Einfluss auf die wasserstoffunterstützte Kaltrissbildung hat. Die WEZ des S960QL weist eine deutlich höhere Härte auf als die WEZ des S960MC. Dies ist auf den erhöhten Kohlenstoffgehalt des S960QL zurückzuführen. Zudem liegt in der WEZ des S960MC eine feinkörnigere Mikrostruktur vor, weshalb mehr Wasserstoff getrappt werden kann und somit weniger Wasserstoff für eine Rissbildung zur Verfügung steht. Dies äußert sich in den Tests mit dem S960MC in einem verzögerten Bruch der Implantproben sowie in signifikant erhöhten ertragbaren Spannungen bis zur Riss- und Bruchbildung.

Hydrogen-assisted cracking of GMA welded 960 MPa grade high-strength steels
Thomas Schaupp, W. Ernst, H. Spindler, Thomas Kannengiesser
International Journal of Hydrogen Energy, Band 45, Heft 38, Seiten 20080 - 20093, 2020
BAM, Fachbereich Integrität von Schweißverbindungen