Adrian Wagner untersucht die Korrosionsbeständigkeit von Duplexstählen in einem Langzeitversuch im Hamburger Elbtunnel.

Adrian Wagner untersucht die Korrosionsbeständigkeit von Duplexstählen in einem Langzeitversuch im Hamburger Elbtunnel.

Quelle: BAM

Der Elbtunnel in Hamburg zählt zu den Tunneln mit dem höchsten Verkehrsaufkommen in Deutschland. Das verursacht extreme Belastungen für die Werkstoffe. Ideale Bedingungen, um dort den Einsatz von Duplexstählen zu prüfen und sie einem ultimativen Stresstest zu unterziehen. Das Ziel: Der korrosionsbeständige Stahl soll künftig auch im Bauwesen vermehrt zum Einsatz kommen.

Stahl ist nicht gleich Stahl. Nichtrostende Stähle zum Beispiel sind oft weicher als Baustahl, der hingegen anfälliger für Korrosion ist. „Duplexstahl vereint die positiven Eigenschaften beider Werkstoffe“, sagt Adrian Wagner von der BAM, „das liegt unter anderem an seiner Gitterstruktur. Die Kombination aus hoher Festigkeit und Korrosionsbeständigkeit macht ihn einzigartig.“

Befestigungsmittel und Bauteile aus nichtrostenden Duplexstählen finden in den letzten Jahren zunehmende Verwendung im Bauwesen. Aufgrund ihrer besonderen Zusammensetzung weisen Duplexstähle im Vergleich zu den etablierten Baustählen eine doppelt so hohe Festigkeit auf, so dass Material und Ressourcen gespart werden können.

Aufwändige Wartung, kostspielige Sperrungen

Metallene Bauteile in Tunnelbauwerken müssen aufgrund der stark korrosiven Atmosphäre häufig gewartet werden. Abgesehen von den entstehenden Kosten kommt es dabei zu Verkehrsbehinderungen oder gar Sperrungen einzelner Fahrbahnen. Der Einsatz von Duplexstählen als Alternative zu den herkömmlichen Stählen könnte dabei helfen, die aufwändigen Wartungsarbeiten zu minimieren. Noch allerdings ist nicht nachgewiesen, dass Duplexstähle den widrigen Bedingungen mindestens ebenso gut standhalten wie die bereits etablierten Stahlsorten.

100 Bleche in der Röhre

So reiste Adrian Wagner kürzlich nach Hamburg. Mit dabei: 100 in etwa postkarten-große Bleche aus nichtrostenden Stählen, verteilt auf Lastenträgern, sogenannten „Racks“, die es im Elbtunnel anzubringen galt. An Werktagen rauschen im Schnitt 120.000 Fahrzeuge durch die vier Röhren. Wagner allerdings machte sich in der Nacht an die Arbeit, als routinemäßig eine Röhre des Tunnels gesperrt wurde. „Es war beeindruckend, in der Röhre zu stehen und zu wissen, dass darüber die Elbe fließt“, sagt Wagner, „und gleichzeitig völlig ungestört über einer der gesperrten Fahrbahnen arbeiten zu können.“

Den Dreck des Tages konnte er allerdings auch in der nächtlichen Röhre noch spüren, als er seine Racks in zirka fünf Metern Höhe montierte. Staub, Reifen- und Bremsabrieb und Abgase, dazu im Winter das Chlorid aus dem Streusalz setzen dem Bauwerk zu. Bis 2022 sollen die Bleche dort bleiben. „Die Auslagerung im Elbtunnel ist eine einzigartige Gelegenheit, das Metall unter Extrembedingungen auf seine Korrosionsbeständigkeit zu prüfen.“ Im Herbst 2022 will der Forscher sie dann in einem Labor der BAM metallografisch untersuchen und ihr Langzeitverhalten bewerten.

Die Stahlproben werden auf Racks an der Tunnelwand angebracht und sollen dort bis 2022 hängen bleiben.

Die Stahlproben werden auf Racks an der Tunnelwand angebracht und sollen dort bis 2022 hängen bleiben.

Quelle: BAM

Gute Nachrichten aus Nordrhein-Westfalen

Erste Versuchsergebnisse aus zwei kleineren Tunnels in Düsseldorf liegen bereits vor. „Da haben sich die Duplexstähle hervorragend bewährt“, resümiert Wagner. „Sie hielten mindestens ebenso gut wie die etablierten Werkstoffe, in optimierter Zusammensetzung sogar wesentlich besser den kritischen Umgebungsbedingungen stand.“ In etwa drei Jahren, nach Abschluss der Hamburger Auslagerungsversuche, wissen die BAM-Forscher endgültig, ob das Material zum Routineeinsatz im Bauwesen taugt. Durch seine ausgezeichnete Korrosionsbeständigkeit könnten aufwendige Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten zukünftig reduziert werden. Dann kann der Verkehr noch besser fließen als bisher.

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