Wasserstofftankstelle

Wasserstofftankstelle

Quelle: BAM

Ein wesentlicher Faktor für die breite Akzeptanz wasserstoffbasierter Mobilität ist die Verfügbarkeit von Tankstellen, die zuverlässig, sicher und effizient arbeiten. Eine digitale Qualitätsinfrastruktur (QI) und moderne Überwachungskonzepte gewährleisten die Sicherheit und Verlässlichkeit von Wasserstofftankstellen und tragen zu ihrer Wirtschaftlichkeit bei. In unserem Pilotprojekt bauen wir eine Wasserstofftankstelle als Reallabor auf, das vollständig digital vernetzt ist und somit die IT/OT Infrastruktur bietet, die für die Erprobung der neuesten digitalen Konzepte und Werkzeuge im Bereich QI benötigt wird. Stellvertretend für das Gesamtsystem einer Wasserstoffinfrastruktur mit besonderen Anforderungen an Sicherheit und Qualität erforschen und entwickeln wir digital-gestützte Lösungen für ein neues Level der Qualitätssicherung. Das Reallabor bietet darüber hinaus die einzigartige Möglichkeit für Industrie, KMUs und Start-Ups, neu entwickelte, digital orientierte Produkte an einer echten H2-Infrastruktur zu testen.

Maßnahmen

  • Abbildung digitaler Prozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette einer Tankstelle

  • Sensor-gestützte Verfahren zur qualitätsgesicherten Datenerfassung und -auswertung

  • Aufbau einer Dateninfrastruktur

  • Entwicklung eines Digitalen Zwillings

  • Digitale Prozessüberwachung (Online-Monitoring) der Sicherheit im Einsatz

  • Entwicklung und Erprobung von digitalen Strukturelementen der QI, insbesondere der QI-Cloud und digitalen Zertifikaten

  • Entwicklung von Predictive Maintenance Verfahren für eine verlässliche Zustands- und Alterungsüberwachung

  • Einsatz der Verwaltungsschale als QI-Werkzeug

Ziele

  • Optimierung von Wartungszyklen und Minimierung von Ausfallzeiten

  • Erhöhung der Betriebssicherheit durch frühzeitige Identifikation kritischer Zustände im Gesamtsystem

  • Entwicklung verlässlicher Qualitäts- und Sicherheitsstandards

  • Digital-gestützte Risikobeurteilung und Konformitätsbewertung

  • Einführung einer durchgängig digitalen Dokumentationskette für Bauteile und Gesamtanlage

Komponenten des Reallabors

Die Versorgung des Reallabors mit Wasserstoff erfolgt über einen Elektrolyseur, der mit grünem Strom aus einer eigenen lokalen Photovoltaikanlage gespeist wird und ggf. durch die Anlieferungen von grünem Wasserstoff ergänzt wird. Die eigentliche Tankstelle besteht aus Kompressor, Pufferspeichern, Gaskühler sowie Dispenser zur Abgabe des Wasserstoffs an ein Fahrzeug. Als Abnehmer dient ein H2-PKW (FCEV) mit Wasserstoff-Brennstoffzellen. Die während eines Betankungsvorgangs anfallenden Betriebsdaten werden gesammelt, aufbereitet, durch externe Metadaten ergänzt und für die Generierung von Modellen und digitalen Zwillingen bereitgestellt.

Prozessleittechnik und Digitaler Zwilling

Ein wichtiger Aspekt ist die Integration der Prozessleittechnik des Reallabors sowie weiterer Sensoren auf einer vor Ort installierten Hardwareplattform. Dazu werden aktuelle Konzepte der Prozessindustrie (z. B. NAMUR Open Architecture) eingesetzt. Die gewonnenen Daten werden gemeinsam mit Modellen digital hinterlegt (Digitaler Zwilling), so dass sie zur Generierung von weiteren Informationen, zur Aktualisierung der Modelle und zur Neuparametrierung der Hardware genutzt werden können. Das Teilprojekt ist das Bindeglied zwischen der Hardware des Reallabors und der vertrauenswürdigen Bereitstellung von Daten an der Schnittstelle zu einem QI-Datenraum.

Digitale Sensortechnologie

Ein weiteres übergeordnetes Ziel ist die Optimierung und Validierung des digitalen Wasserstofftankstellenmanagements mit Sensortechnologien. Hierfür sollen Sensornetzwerke mit digital gestützten Auswertungsstrategien intelligent gestaltet werden, um die physikalischen und chemischen Parameter an und in Anlagen umfassend und effizient zu überwachen sowie Fehlfunktionen zuverlässig zu detektieren. Konkrete Arbeitsschritte sind die Applikation von Sensorik (Gassensoren, Manometer und Thermometer) und deren digitale Integration in das Tankstellenmanagementsystem sowie die Validierung im Realbetrieb. Die erzielten Messergebisse sowie die Messunsicherheiten, Historien und Verfahren werden in digitaler Form aufbereitet, gespeichert und fortlaufend in die KI-basierte Datenauswertung einbezogen. Die Nutzung von digitalen Kalibrierscheinen (DCC) wird erprobt und dient der metrologischen Rückführung der Messgrößen in einer digitalen QI.

Structural Health Monitoring

Der Einsatz von Structural Health Monitoring (SHM) Methoden im Reallabor soll demonstriert werden und eine Auswahl verschiedener SHM-Verfahren während des Betriebs der Anlage Messwerte bereitstellen. Parallel dazu werden Betriebs- und Umweltdaten erfasst, um eine voll automatisierte und permanente Überwachung des Bauteilzustands ausgewählter Komponenten, z.B. von Druckbehältern oder Rohrleitungen, zu gewährleisten. Durch die gemeinsame Auswertung dieser Daten lassen sich Aussagen über die Integrität der überwachten Komponenten ableiten. Die permanente Verfügbarkeit der Mess- und Prüfergebnisse in digitaler Form eröffnet die Möglichkeit, Vorhersagen zum weiteren Verlauf der Schädigungen auch unter Berücksichtigung zukünftiger Belastungen der Anlage zu treffen. Es werden im Projekt Konzepte entwickelt, um mit Hilfe moderner Ansätze des Machine Learnings und der Künstlichen Intelligenz Wartungszeitpunkte und verbleibende Lebensdauern der Anlagen und Anlagenkomponenten zuverlässig vorhersagen zu können.

Regulations, Codes und Standards

Der praktische, anwendungsorientierte Ansatz erlaubt es, systematisch Anforderungen an Sicherheit und Qualität der Wasserstofftankstelle und ihres Ökosystems abzuleiten, in Normungs- und Standardisierungsgremien zu transferieren und die Einführung digitaler Qualitätssicherungsmethoden in Regulations, Codes und Standards vorzubereiten. Dabei stehen zwei Themen im Fokus: Die Einführung digitaler Qualitätssicherungsmethoden für prozessbezogene Ansätze in der Konformitätsbewertung am Beispiel einer Wasserstofftankstelle als Gesamtsystem und in Regelwerksanforderungen für Druckbehälter. Die neu genormten digitalen Qualitätssicherungsmethoden können so als Grundlage für eine neue digital gestützte Risikobeurteilung und Konformitätsbewertung dienen.

Das Reallabor Wasserstofftankstelle ist eingebettet in das Kompetenzzentrum H2Safety@BAM für Wasserstoff der BAM.