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Lithium-Ionen-Akkus werden immer leistungsstärker, sind aber anfällig für Alterungsprozesse. Um die Batterien nachhaltiger zu nutzen, gilt es, diese Vorgänge auf atomarer Ebene besser zu verstehen. Die BAM hat dazu ein innovatives Verfahren entwickelt, das Algorithmen aus der Gesichtserkennung nutzt.
Das Laden oder Entladen einer elektrischen Batterie folgt einem einfachen Prinzip: Lithium-Ionen wandern zwischen zwei Elektroden hin und her und geben dabei Elektronen ab oder nehmen sie auf. Diese sogenannte Redox-Reaktion versorgt ein Handy, einen Laptop oder ein E-Auto mit Energie. Die Lithium-Ionen lagern sich dabei in der gitterartigen Struktur von Anode und Kathode wie in den Hohlräumen eines porösen Schwamms ein. Je mehr von ihnen die „Schwämme“ aufnehmen können, desto leistungsfähiger ist die Batteriezelle. Mit der Zeit kommt es jedoch zu winzigen Brüchen und Rissen an den filigranen Strukturen der Elektroden. Die Folge: Immer mehr Lithium-Ionen passen nicht mehr in die Hohlstellen; sie sammeln sich stattdessen um die Elektroden herum an. Durch diese Haufenbildungen wiederum werden sie für andere Lithium-Ionen zum Hindernis. Die Performance des Akkus sinkt. Er muss in immer kürzeren Zeitabständen aufgeladen werden.
Alterungsprozesse im Zeitraffer
Dabei zeigen die Haufenbildungen charakteristische Muster. Denn Lithium kommt in der Natur in zwei unterschiedlichen Isotopen vor: Das leichtere Lithium-6 bewegt sich besser durch die Hindernisse als das schwerere Lithium-7 und gelangt beim Laden einfacher in die Hohlräume der Anode und beim Entladen in die der Kathode.
Wir wissen inzwischen, dass die Verteilung der Lithium-Iosotope in einer Zelle direkt mit ihrem Alterszustand zusammenhängt“, erklärt Carlos Abad, Chemiker an der BAM. „Anzahl und Geschwindigkeit der Ladezyklen spielen dabei vermutlich eine Rolle, aber auch das sogenannte Aktivmaterial, ein leitfähiger Elektrolyt, durch den hindurch die Lithium-Ionen von Elektrode zu Elektrode wandern.“ Abad und seine Kollegin Dalia Morcillo haben die Alterungsprozesse eines Lithium-Ionen-Akkus im Labor genauer analysiert. Dazu haben sie in sehr kurzer Zeit viele Lade- und Entladezyklen durchgeführt und dann die Verteilung der Lithium-Ionen bestimmt.

Dalia Morcillo bei der Probenvorbereitung. Auf der Elektrode einer Batterie lagern sich die Isotope von Lithium auf charakteristische Weise ab. Mit dem bloßen Auge sind Unterschiede nicht zu erkennen.
Quelle: BAM
Algorithmen interpretieren Bilder schneller
Die BAM-Wissenschaftler*innen nutzen dafür die Spektralanalyse. Dabei werden Lithium-Ionen mit Licht angeregt: Energie, die die beiden Isotope Lithium-6 und Lithium-7 in unterschiedlicher Intensität absorbieren. „Die Bilder dieser Isotopenverteilung sind mit bloßem Auge am Computer extrem schwierig zu interpretieren“, erklärt Dalia Morcillo. „Sie gleichen einander wie die Gesichter von Zwillingen oder von sehr eng miteinander verwandten Personen. Unterschiede sind praktisch nicht zu erkennen.“
Das brachte das Team auf die Idee, für die Auswertung der Messungen Algorithmen aus der Gesichtserkennung zu verwenden. Sie „trainierten“ ihr Messgerät zuerst mit Referenzmaterialien: Mischungen von Lithium-Isotopen, deren Verhältnis ihnen genau bekannt war.
Zusätzlich programmierten sie das Gerät mit Methoden des maschinellen Lernens, bis es die Unterschiede zwischen verschiedenen Mengenverhältnissen immer besser und schneller erkennen konnte. „Im nächsten Schritt möchten wir damit Unternehmen, die Lithium-Ionen-Batterien entwickeln, eine schnellere und kostengünstige Methode zur Verfügung stellen, um das Alterungsverhalten ihrer Akkus schon im Labor einschätzen und bewerten zu können“, so Dalia Morcillo. „Damit soll es in Zukunft möglich sein, rascher zu langlebigen und damit letztlich auch nachhaltigeren Batterien zu kommen.“

Betrachten der Isotopenanalyse im 3D-Modell
Quelle: BAM