Wie sicher sind Lithium-Akkus in E-Autos?

Die Zulassung von Lithium-Ionen-Akkus erfolgt nach strengen Sicherheitsstandards und gesetzlichen Vorschriften. Fortschritte bei Sicherheitssystemen, in der Materialforschung und der Konstruktion der Akkus haben dazu geführt, dass moderne Batterien inzwischen z.B. viel widerstandsfähiger gegenüber Überhitzung und Kurzschlüssen sind. Dennoch birgt die Technologie auch Risiken: Durch eine innere oder äußere Beschädigung kann sich ein Lithium-Akku selbst entzünden.

Wie wird die Sicherheit von Lithium-Ionen-Akkus konkret gewährleistet?

Lithium-Ionen-Batterien unterliegen generell Transportvorschriften der Vereinten Nationen (UN). Das bedeutet, dass jeder Prototyp einer Lithium-Ionen-Batterie, bevor diese überhaupt auf den Markt gelangt und in Autos eingebaut werden kann, ausführlich getestet werden muss. Dadurch ist grundsätzlich ein hohes Sicherheitsniveau gewährleistet. Verpflichtend ist z.B. ein Schutz gegen Kurzschlüsse und ein Überdruckschutz.

Brennen Autos mit einem Lithium-Ionen-Antrieb häufiger als Fahrzeuge mit einem Verbrennermotor (Diesel, Benzin)?

Dazu fehlen bislang ausreichend repräsentative Zahlen. Einzelne Untersuchungen, z.B. von Versicherern, kommen jedoch zu dem Schluss, dass E-Autos prozentual seltener brennen als Benziner oder Diesel-Fahrzeuge.

Wie groß ist die Brandgefahr bei einem Elektro-Auto an sich?

Die Brandgefahr wird durch eine Vielzahl an Faktoren beeinflusst, vor allem durch die sogenannte Brandlast, also die Menge an brennbarem Material, das in einem Fahrzeug verbaut ist, also etwa Kunststoffverkleidungen, Polster, Reifen. Diese Brandlast ist bei E-Autos und Verbrennern in etwa gleich. Die für die Einschätzung der Brandgefahr ebenfalls wichtige Frage der Energiedichte der jeweiligen Antriebsstoffe, also die gespeicherte Energie, die bei einem Brand in Wärme umgesetzt werden kann, ist bei einem Fahrzeug mit geladener Batterie sogar geringer als bei einem vollgetankten Benziner oder Diesel-Fahrzeug. Brandgefahr definiert sich aber auch dadurch, wie leicht und wie schnell ein Brand ausgelöst werden kann (Diesel ist z.B. schwerer entzündbar als Benzin). Insgesamt bleibt festzuhalten, dass es sich bei dem Brand eines E-Autos bzw. eines Verbrenners um zwei sehr unterschiedliche Szenarien handelt, die nicht einfach miteinander zu vergleichen sind.

Worin liegen die Besonderheiten eines Akku-Brands?

Der Brand von Lithium-Ionen-Akkus kann durch Selbstentzündung beschädigter Batterien ausgelöst werden und benötigt keine äußere Zufuhr von Sauerstoff. Deshalb werden darauf abgestimmte Brandvermeidungs- und Brandbekämpfungsstrategien erforscht und erprobt (siehe dazu unten).

Wie kann ein Batteriebrand bei einem E-Auto ausgelöst werden?

Eine intakte Lithium-Ionen-Batterie entzündet sich normalerweise bei sachgerechter Handhabung und Einhaltung der Betriebsbedingungen nicht von selbst. Mehrere Ursachen können jedoch einen Brand auslösen:

  • eine mechanische Schädigung der Batterie von außen, etwa durch einen Unfall
  • eine Überladung der Batterie, d.h. das unbeabsichtigte Aufladen zu mehr als 100% Ladezustand durch die Verwendung eines falschen oder defekten Ladegeräts. Auch ein Defekt in der Elektronik oder dem Batteriemanagementsystems des Akkus kann eine Überladung zur Folge haben.
  • ein Kurzschluss innerhalb der Batterie
  • eine Erhitzung des Akkus (bei Lithium-Ionen-Akkus auf über 180 Grad Celsius oder bei Lithium-Eisenphosphat-Batterien auf über 230 Grad Celsius) durch eine äußere Wärmequelle, etwa einen Brand in unmittelbarer Nähe
  • eine Tiefenentladung, also Entladung weit über den Punkt hinaus, an dem ein Akku normalerweise als entladen betrachtet würde, ist ein Prozess, der vor allem bei über lange Zeit ungenutzten Batterien vorkommt und daher bei in Betrieb befindlichen E-Autos sehr selten ist.
  • das Laden einer Batterie bei tiefen Temperaturen unter 0 Grad Celsius oder unter hoher Ampere-Zahl fördert ein Abscheiden von Lithium in Form von Dendriten, spitzen kristallinen Strukturen, die die Batteriezelle im Inneren schädigen können, dass es zu einem inneren Kurzschluss kommt

Was genau passiert, wenn in einer Batterie eine Entzündung ausgelöst wird?

Der Brand einer Lithiumbatterie ist eine Kettenreaktion, ein sogenanntes „thermisches Durchgehen“. Damit sie ausgelöst wird, muss zunächst ein Defekt an mindestens einer der vielen Batteriezellen eines Akkus vorliegen. Dies kann eine übermäßige Erwärmung durch chemische Reaktionen zur Folge haben. Meist wird dabei dann der Separator geschädigt, die dünne Membran, die den Pluspolbereich und den Minuspolbereich einer Zelle voneinander trennt. Ist diese Trennwand beschädigt und damit durchlässig, kommt es zu einem inneren Kurzschluss. Dieser führt rasch zu einer Erwärmung, indem in der Zelle gespeicherte elektrische Energie in Wärme umgewandelt wird.

In der Folge bilden sich weitere Gase, z.B. CO2, die sich kontinuierlich in der Zelle ausdehnen und ihre inneren Strukturen zerstören. Schließlich brennt der flüssige oder gelartige Elektrolyt und die übrigen brennbaren Inhaltsstoffe. Wirklich gefährlich wird das „thermische Durchgehen“, wenn es von einer einzelnen Zelle auf Nachbarzellen und schließlich den ganzen Akku übergreift. Dann ist der Vorgang nur noch schwer zu stoppen und es entstehen Temperaturen von über 900 Grad Celsius – je nach Batterietyp.

Wie kann ein Batteriebrand dennoch gestoppt oder gelöscht werden?

Nicht mit herkömmlichem Löschschaum, der die Sauerstoffversorgung abschneidet, denn brennende Batterien benötigen keinen Sauerstoff von außen, sondern liefern sich diesen selbst durch Zersetzungsreaktionen. Die Ausbreitung des thermischen Durchgehens lässt sich durch starkes Abkühlen oder Entladen des Akkus stoppen. Ziel des Abkühlens ist es, die Temperatur auf unter 180 Grad Celsius zu senken – dem Triggerpunkt für das thermische Durchgehen der übrigen geschädigten Zellen, die noch nicht gebrannt haben. Damit ist der Vorgang jedoch nur temporär gestoppt, diese geschädigten Zellen können beim Aufwärmen reagieren und in Brand geraten.

Ein Entladen zielt darauf ab, einen Ladezustand von unter 20% zu erreichen, denn dann wird die Kettenreaktion des thermischen Durchgehens meist komplett gestoppt. Allerdings ist ein ausreichend schnelles Entladen einer brennenden Batterie schwer zu realisieren.
Der wichtigste Ansatz besteht letztlich darin, zu verhindern, dass der Brand sich von der Batterie auf die Umgebung ausbreitet, z.B. durch Isolation des Akkus mit Löschdecken, das Löschen oder durch das Schaffen von ausreichend räumlichem Abstand. Wenn eine Batterie sicher vollständig abbrennen kann, ist das Geschehen meist nach etwa einer Stunde vorbei und sie kann danach sicher entsorgt werden. In der Praxis besteht jedoch bei einer in einem Fahrzeug verbauten Batterie das Problem, dass das gesamte Fahrzeug (Sitze, Reifen, Kunststoffe) noch länger weiterbrennen wird.

Wie gehen Einsatzkräfte bei der Brandbekämpfung konkret vor?

Einsatzkräfte von Feuerwehr, Polizei und Rettungsdiensten werden kontinuierlich darin geschult, mit Batteriebränden umzugehen. Sie tauchen z.B. den Akku oder das gesamte Fahrzeug in Wasser, um so gleichzeitig eine Abkühlung und - da das Wasser durch die gelösten Stoffe leitfähig ist – eine langsame Entladung zu erzielen.

Gibt es praktikable Löschverfahren auf Schiffen?

Auf einem Frachtschiff können Brandschutzdecken ein wirksames Mittel sein, um die Ausbreitung eines Feuers auf benachbarte Fahrzeuge oder auf die Ladung zu begrenzen, denn sie verhindern die Ausbreitung der Hitze, die bei den Akkus anderer Fahrzeuge oder auch bei Batterien in Fracht-Containern ein thermisches Durchgehen auslösen könnte. Entscheidend ist es also, beim Brand eines einzelnen Fahrzeugs das Entzünden der übrigen Ladung zu verhindern. Viel Wasser zur Kühlung und das Löschen der Umgebung des Brandes helfen dabei ebenfalls. Wichtig ist es daher auch, einen Brand frühestmöglich zu erkennen.

Geht von E-Autos auf Frachtschiffen eine besondere Gefahr aus?

Der Raum auf Frachtschiffen ist sehr begrenzt, daher lassen sich ausreichende Sicherheitsabstände zur Verhinderung einer Brandausbreitung oft nur schwer einhalten. Zudem lassen sich an Bord eines Schiffes brennende E-Autos oder auch Container mit brennenden Batterien nicht einfach räumlich separieren oder mit den oben beschriebenen Methoden kühlen. Insofern besteht ein besonderes Gefahrenpotenzial. Dennoch können gezielte Maßnahmen wie der Einsatz von Brandschutzdecken (s.o.) für den Brandfall an Bord etabliert und umgesetzt werden.

Festzuhalten ist auch: Viele der Szenarien, die den Brand eines Akkus auslösen können (Überladung, Kurzschluss, Tiefentladung) sind an Bord eines Frachtschiffes eher unwahrscheinlich bis auszuschließen. Neuwagen werden in der Regel, wenn auch nicht verpflichtend, mit einem Ladestand des Akkus von unter 30% transportiert, so dass ein thermisches Durchgehen eher unwahrscheinlich ist. Problematisch bleiben höher geladene - und möglicherweise bereits defekte – Akkus, z.B. in Privatfahrzeugen sowie Lithiumbatterien in Frachtcontainern.

Sind aktuell ergänzende Sicherheitsvorschriften für den Transport von E-Autos auf Schiffen geplant?

Das World Shipping Council (WSC), ein weltweiter Verband der Schifffahrtsindustrie, und das Cargo Shipment Incident Notification System (CINS), ein Zusammenschluss großer Frachtreedereien, diskutieren aktuell neue Sicherheitsvorschriften. Neben Batterien in E-Autos stehen dabei auch kleinere Akkus im Fokus, die in Containern transportiert werden. Auch bei der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO, für engl.: International Maritime Organization), eine Organisation der Vereinten Nationen, die für die Entwicklung und Regelung internationaler Standards und Vorschriften im Bereich der Schifffahrt verantwortlich ist, sieht man Bedarf für zusätzliche Bestimmungen. Regelungen wie z.B. eine Kennzeichnungspflicht von Containern mit Lithium-Ionen-Batterien, ein Verbot des Transports solcher Container unter Deck, die Vorschrift, sie mit niedrigem Ladezustand zu befördern oder mit einem Warn- oder Kühlsystem auszustatten, könnten zur Verringerung der Brandgefahr auf See beitragen. Untersuchungen der BAM zeigen, dass ab einem Ladezustand von 20 % meist kein thermisches Durchgehen mehr ausgelöst werden kann, auch nicht durch ein äußeres Feuer und Temperaturen über 180 Grad Celsius.

Welche Bestrebungen gibt es, die Sicherheit von Lithium-Ionen-Akkus und anderen Batterietypen weiter zu erhöhen?

Hersteller in dem Bereich forschen zu besonders sicheren Batteriematerialien für Anoden, Kathoden, Elektrolyten, Separatoren, bei denen ein thermisches Durchgehen noch unwahrscheinlicher ist, und zu innovativen Flammschutzsystemen. Sie arbeiten an neuen Schutzsystemen gegen Überdruck, die bei einer Gasentwicklung infolge eines Brandes den elektrischen Energiefluss innerhalb der Zelle trennen. Sie optimieren das Batteriemanagementsystem, das einzelne auffällige Zellen abschaltet, Kühlsysteme innerhalb oder außerhalb der Batterie ansteuert, über Sensoren frühzeitig Probleme meldet und Warnhinweise z.B. in das Cockpit eines Autos geben kann. Die Industrie forscht zu Kühlsystemen wie Heatsinks, Metallwannen in der Batterie, die über ihre große Oberfläche Wärme ableiten und verteilen können, um so die Temperatur innerhalb einer Batteriezelle zu regulieren.
Die BAM forscht aktuell zu innovativen Erkennungs- und Sensorsystemen, die frühzeitig erkennen, ob bei einer geschädigten Batteriezelle die Gefahr eines thermischen Durchgehens besteht.

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