09.02.2023
Das Bild zeigt eine Illustration des Verfahrens.

Quelle: BAM

Lösungsmittel sind einer der größten Abfallströme in der chemischen Industrie und stellen eine erhebliche Gefahr für die Umwelt und die öffentliche Gesundheit dar. In diesem Zusammenhang werden mechanochemische Technologien als transformative Methoden für die Herstellung von Chemikalien und Materialien angekündigt. Im Gegensatz zur herkömmlichen Chemie nutzen mechanochemische Reaktionen mechanische Kräfte, um chemische Reaktionen ohne den Einsatz von Lösungsmitteln durchzuführen, was die Chemie sicherer, sauberer und billiger macht. Trotz der vielversprechenden Aussichten dieser neuen Technologien ist nur sehr wenig darüber bekannt, wie mechanochemische Prozesse funktionieren. Ohne dieses Verständnis ist es nicht möglich, eine mechanochemische Strategie zu entwerfen, was das bahnbrechende Potenzial der Mechanochemie behindert.

Um mechanochemische Reaktionen zu untersuchen, werden neue Analysetechniken benötigt, mit denen sie direkt im Geschehen untersucht werden können. Die zeitaufgelöste In-situ-Röntgendiffraktion (TRIS) - eine Technik, die gemeinsam von der BAM und der University of Birmingham (UoB) entwickelt wurde(1),(2) - war ein großer Schritt in diese Richtung. Leider liefert XRD nur einen kleinen Teil der Informationen darüber, wie Reaktionen ablaufen. Tatsächlich bleibt XRD (und andere TRIS-Methoden) blind für sehr wichtige Phänomene wie die Veränderung der elektronischen Struktur von Materialien während einer Reaktion. Diese Veränderungen in der elektronischen Struktur liegen der gesamten Chemie zugrunde, und Techniken, die in der Lage sind, sie zu verfolgen, sind für das Verständnis der Mechanochemie unerlässlich.

Das Team der BAM-UoB hat nun ein neues Analyseinstrument entwickelt, das auf der Röntgenabsorptionsspektroskopie (XAS) basiert, einer Methode zur Messung der elektronischen Struktur eines Materials. Durch die Entwicklung eines maßgeschneiderten Spektrometers - entwickelt von der BAM an der BAMline, BESSY-II, Helmholtz-Zentrum Berlin - zeigte das Team zum ersten Mal, wie die elektronische Struktur eines Materials während mechanochemischer Prozesse in Echtzeit verfolgt werden kann, und zwar mit einer Zeitauflösung, die mit den modernen TRIS-Methoden konkurriert. Das Team zeigte, dass seine Methode für die Untersuchung mechanochemischer Reaktionen in neuen Reaktoren (Resonant Acoustic Mixer) und konventionellen Kugelmühlen geeignet ist und für verschiedene Materialsynthesen, einschließlich der Mechanosynthese von Nanopartikeln und metallorganischen Gerüsten, anwendbar ist.

Es wird erwartet, dass diese TRIS-XAS-Technik ein integraler Bestandteil des Werkzeugkastens für die Untersuchung nachhaltiger mechanochemischer Reaktionen sein wird und wesentlich dazu beitragen wird, die Mechanochemie zu einem globalen Standard für die grüne Chemie zu machen.

(1) G. I. Lampronti, et al., Nat. Commun., 2021, 12, 6134.
(2) A. A. L. Michalchuk and F. Emmerling, Angew. Chem. Int. Ed., 2022, 61, anie.202117270.

Multielement analysis in soils using nitrogen microwave inductively coupled atmospheric-pressure plasma mass spectrometry
Ana Guilherme Buzanich, C. Tufan Cakir, Martin Radtke, M. Bilal Haider, Franziska Emmerling, Paulo F. M. de Oliveira und Adam A. L. Michalchuk
Erschienen in The Journal of Chemical Physics, Jahrgang 147, Ausgabe 21, Aufsatznummer 214202, Seiten 1-12, 2022
BAM Abteilung Materialchemie
BAM Fachbereich Strukturanalytik