01.01.2022
Grafik zur Untersuchung der Kaltrissempfindlichkeit

Selbstbeanspruchender TEKKEN-Test zur Untersuchung der Kaltrissempfindlichkeit: Von der metallographischen Untersuchung der Risse, oberflächennaher Eigenspannungsanalyse bis hin zur Schallemissionsanalyse zur Erfassung des Zeitpunktes der Rissinitiierung

Quelle: BAM, Fachbereich Integrität von Schweißverbindungen

Das große Potential hochfester Feinkornbaustähle mit einer Streckgrenze ≥ 690 MPa bietet beim Fügen von Stahlbaukonstruktionen hinsichtlich der Energie- und Ressourceneffizienz wirtschaftliche und konstruktive Vorteile. Vorrangig werden diese Stähle mittels MAG-Schweißprozessen gefügt, wobei Entwicklungen in der modernen Invertertechnik neue Lichtbogenverfahren, wie den modifizierten Sprühlichtbogen (mod. SLB) ermöglichten. Das Schweißen mit modifiziertem Sprühlichtbogen bietet die Möglichkeit, schmalere Nahtfugen (z. B. mit einem steileren Nahtöffnungswinkel von 30°) mit geringerer Wärmeeinbringung zu fügen. Die speziellen Gefüge und hohe Festigkeit dieser Stähle erhöhen die Anforderungen an die schweißtechnische Verarbeitung. Insbesondere gilt es, wasserstoffunterstützte Kaltrisse zu vermeiden, die durch komplexe Interaktionen lokaler Faktoren, wie risskritisches Gefüge, erhöhte Wasserstoffkonzentration und mechanische Beanspruchung bzw. Dehnung verursacht werden.

In der vorliegenden Arbeit wurden diese drei Einflüsse der wasserstoffunterstützten Rissbildung an einem hochfesten Feinkornbaustahl S960QL untersucht. Zur Untersuchung der Kaltrissempfindlichkeit kam ein spezieller selbstbeanspruchender Kaltrisstest, der TEKKEN-Test, zur Anwendung. Mit diesem sind Aussagen zum Verhalten der Verbindung für eine bestimmte Nahtfugengeometrie, d. h. durch Modifikation der Testgeometrie hinsichtlich des Nahtfugenöffnungswinkels (60° und 30°), und unter sehr hoher Schrumpfungsbehinderung möglich. Zusätzlich wurde die Wirksamkeit einer Wärmebehandlung der Proben aus der Schweißwärme heraus untersucht, mit der sich eine signifikante Wasserstoffreduktion erreichen lässt, um eine wasserstoffunterstützte Kaltrissbildung zu vermeiden. Die Bewertung der Kaltrissempfindlichkeit des hochfesten Feinkornbaustahls S960QL erfolgte abschließend unter der Berücksichtigung des Gefüges, der Wasserstoffkonzentration im Schweißgut, der vorliegenden Eigenspannungen und der Bruchflächentopografie der aufgetretenen Risse. Als Ergebnis zeigen die Schweißgüter, die an reduziertem Nahtöffnungswinkel erzeugt wurden, im Mittel etwas höhere Wasserstoffkonzentrationen. Zudem ist an diesen Schweißgütern eine vermehrte Mikro- und Makrorissbildung festzustellen. An allen Proben, die nicht nachgewärmt wurden, lagen Kerbrisse aufgrund von Kaltrissbildung vor. Diese konnten durch ein Nachwärmen unmittelbar nach dem Schweißen effektiv vermieden werden.

Hydrogen-Assisted Cracking in GMA Welding of High-Strength Structural Steel—A New Look into This Issue at Narrow Groove
Thomas Schaupp, Nina Schröder, Dirk Schröpfer, Thomas Kannengießer
veröffentlicht in Metals Band 11, Heft 6, S. 904 ff., 2021
BAM Fachbereich Versuchsanlagen und Prüftechnik und Fachbereich Integrität von Schweißverbindungen