01.09.2018
Thermographische Aufnahme der beteiligten Autoren.

Thermographische Aufnahme der beteiligten Autoren.

Quelle: BAM, Fachbereich Thermografische Verfahren

Die Mechanochemie ist ein weit verbreiteter Zweig der Chemie zur Synthese organischer, metall-organischer und anorganischer Verbindungen. Dabei werden Feststoffe durch die Einwirkung mechanische Energie, die durch Kollision mit Mahlkugeln erzeugt wird, zur Reaktion gebracht. Die Mechanochemie zeichnet sich durch eine schnelle und quantitative Umsetzung bei einer einfachen Implementierung im Labor aus. Die Reduzierung der verwendeten Lösungsmittelmenge ist ein großer Vorteil gegenüber konventionellen Methoden. Daher wird die Mechanochemie zur grünen Chemie gezählt.

Während des Mahlprozesses treten nebeneinander zusammengehörige physiko-chemische Effekte auf, die einen Einblick in die zugrundeliegenden Mechanismen erschweren. Zur Untersuchung von mechanochemischen Synthesen in Echtzeit wurde daher eine Kopplung von drei analytischen Methoden entwickelt. Die Kombination von Synchrotron-Röntgenbeugung, Raman-Spektroskopie und Thermographie ermöglicht es die strukturelle Entwicklung mit Temperatureinflüssen zu korrelieren. Dadurch können Informationen über den kristallinen, molekularen und thermischen Zustand während des Mahlvorgangs erhalten werden.

Es wurden exemplarisch drei verschiedene mechanochemische Modellreaktionen untersucht und dabei ein Zusammenhang der chemischen Zusammensetzung mit geringfügigen Temperaturänderungen festgestellt. Es konnten allgemeine Trends bezüglich der Temperaturentwicklung während des Mahlprozesses identifiziert werden. So führt zu Beginn der Reaktion der Aufprall der Kugeln zu einer Vermischung der Reaktanden und zur Reduktion der Partikelgröße, begleitet von einem raschen Temperaturanstieg. Findet keine Reaktion statt, erreicht die Temperaturdifferenz ein Plateau, dass ein Gleichgewicht zwischen Aufwärmen und Abkühlen darstellt. Eine zusätzliche Temperaturerhöhung entsteht durch die chemische Energie, die sich aus Reaktionswärme und latenter Kristallisationswärme zusammensetzt. Die Freisetzung von Nebenprodukten, wie zum Beispiel Wasser, führt zu lokalen Plateaus beziehungsweise einer allgemeinen Verringerung der Bechertemperatur. Der vorgestellte Aufbau ist geeignet für die Detektion aller Intermediate, die in der Literatur für mechanochemische Reaktionen diskutiert werden. Die Kombination der drei analytischen Methoden für die Analyse in Echtzeit erhöht somit deutlich den Informationsgewinn und erlaubt damit ein tieferes Verständnis des Ablaufs mechanochemischer Reaktionen.

Schematische Darstellung des Versuchsaufbaus zur in situ Verfolgung mechanochemischer Reaktionen.

Schematische Darstellung des Versuchsaufbaus zur in situ Verfolgung mechanochemischer Reaktionen.

Quelle: BAM, Fachbereich Thermografische Verfahren und Fachbereich Strukturanalytik

In situ investigations of mechanochemical one-pot syntheses
Hannes Kulla, Sebastian Haferkamp, Irina Akhmetova, Mathias Röllig, Christiane Maierhofer, Klaus Rademann, Franziska Emmerling
Angewandte Chemie International Edition, 2018, Vol. 57, 20, pp 5930-5933
BAM Abteilung Analytische Chemie; Referenzmaterialien, Fachbereich Strukturanalytik und Abteilung Zerstörungsfreie Prüfung, Fachbereich Thermografische Verfahren