01.08.2018
Chemische Struktur von PIM-1, Wärmeflusskurven zur Bestimmung von Tg sowie der kalorimetrische Sensorchip mit aufgebrachter Probe.

Chemische Struktur von PIM-1, Wärmeflusskurven zur Bestimmung von Tg sowie der kalorimetrische Sensorchip mit aufgebrachter Probe.

Quelle: BAM, Fachbereich Nanotribologie und Nanostrukturierung von Oberflächen und Fachbereich Technische Eigenschaften von Polymerwerkstoffen

In den letzten Jahren haben sich die sogenannten „Polymere mit intrinsischer Mikroporosität“ (PIMs) als neue Klasse von High-Performance-Polymeren etabliert, insbesondere auf dem Gebiet der Gasseparationsmembranen, aber auch in der Mikroelektronik und der Sensortechnologie. Die herausragende Eigenschaft dieser glasigen Polymere ist der große Anteil an Freiem Volumen, der hier eine Mikroporosität zur Folge hat, die sich in BET-Oberflächen > 700 m2/g zeigt. Gleichzeitig führt dies auch zu sehr attraktiven Gastransporteigenschaften, also sehr hohen Gaspermeabilitäten bei guten Selektivitäten für technisch relevante Gasmischungen. Dies bietet die Voraussetzung für äußerst energieeffiziente, membranbasierte Stofftrennverfahren, z.B. bei der Erdgasaufbereitung oder dem Upgrading von Biogas.

Die Ursache für diese außergewöhnlichen Eigenschaften liegt in der extrem steifen, gewundenen molekularen Struktur, was zu einer ineffizienten Packung der Polymerkette im festen Zustand sowie zu einer stark eingeschränkten molekularen Beweglichkeit führt und z.B. Segmentrotationen unmöglich macht. Eine grundlegende Eigenschaft von Polymeren, die direkt mit der molekularen Beweglichkeit zusammenhängt und wesentlich seine Anwendungsmöglichkeiten bestimmt, ist die Glasübergangtemperatur Tg.
Das in dieser Arbeit untersuchte PIM-1 ist das archetypische Polymer mit intrinsischer Mikroporosität und bisher ist es mit den üblichen Mitteln der thermischen Analyse, wie DSC oder DMTA, nicht gelungen, einen Glasübergang nachzuweisen. Vielmehr beobachtet man oberhalb von 400 °C die Zersetzung des Polymers. Daher stellt sich unter Berücksichtigung des extrem steifen, leiterartigen Molekülaufbaus und der somit stark eingeschränkten Beweglichkeitsfreiheitsgrade die fundamentale Frage, ob derartige Polymere überhaupt einen Glasübergang zeigen.

In der vorliegenden Arbeit wurde erstmals die Fast Scanning Calorimetry (FSC) eingesetzt, um das thermische Verhalten von PIM-1 zu untersuchen. Hier werden die Zeitskalen für den Glasübergang und für die thermische Zersetzung durch Anwendung von Heiz- und Kühlraten im Bereich von einigen Zehntausend K/s entkoppelt. Die erhaltenen Ergebnisse liefern den ersten definitiven Nachweis eines Glasübergangs von PIM-1 bei etwa 440 °C bei einer Heizrate von 30000 K/s. Weiterhin müssen lokale Fluktuationen im Sinne einer Biegung oder Krümmung als Ursache des Glasübergangs aufgefasst werden, da jegliche Konformationsänderungen oder Bewegungen auf der Längenskala eines Kettensegmentes, die üblicherweise den Glasübergang bedingen, aufgrund der steifen Molekülarchitektur ausgeschlossen werden müssen.

Die Messungen wurden zusammen mit der Gruppe Polymerphysik an der Universität Rostock, einem Center of Excellence für Kalorimetrie, realisiert. PIM-1 wurde von einem der „Erfinder“ von der Universität Manchester zur Verfügung gestellt.

First clear cut experimental evidence for a glass transition in a polymer with intrinsic microporosity: PIM-1
Huajie Yin, Y. Z. Chua, B. Yang, C. Schick, W. Harrison, P. Budd, Martin Böhning, Andreas Schönhals
Journal Physical Chemistry Letters, 2018, 9 (8), pp 2003–2008
BAM Abteilung Materialschutz und Oberflächentechnik, Fachbereich Nano-Tribologie und Nanostrukturierung von Oberflächen und Abteilung Bauwerkssicherheit, Fachbereich Technische Eigenschaften von Polymerwerkstoffen