01.01.2018
Faseroptischer Sensor für ortsaufgelöste Dehnungsmessung (links) und Versuchsbrücke der BAM mit installierten Sensorfasern (rechts).

Faseroptischer Sensor für ortsaufgelöste Dehnungsmessung (links) und Versuchsbrücke der BAM mit installierten Sensorfasern (rechts).

Quelle: BAM, Fachbereich Faseroptische Sensorik

Brücken kommt in der modernen Verkehrsinfrastruktur eine Schlüsselrolle zu. Im Schädigungsfall sind potentiell Menschenleben gefährdet und der Ausfall eines Brückenbauwerkes hat immer auch einen beträchtlichen ökonomischen Schaden zur Folge. Der Zustand sowie die Restlebensdauer eines Großteiles der in Deutschland bestehenden Brücken ist nach jahrzehntelanger Nutzung weitestgehend unbekannt. Hinzu kommt eine immer stärkere Belastung durch zunehmende Verkehrsbeanspruchung. Die Herausforderung besteht darin, den Ist-Zustand eines Bauwerkes zu ermitteln, um Instandsetzungs- und Sanierungsmaßnahmen planen und deren Wirksamkeit bewerten zu können. Ein Ansatz basiert auf der Analyse des Schwingungsverhaltens der Strukturen. Präzise Messungen der dynamischen Dehnungsverteilung entlang des Bauteils haben das Potential, die Genauigkeit der Verfahren signifikant zu erhöhen.

In den letzten Jahren wurden zahlreiche Verfahren zur dynamischen Messung von Dehnungsänderungen entlang optischer Glasfasern, wie sie aus der Datenübertragung bekannt sind, entwickelt. Für das BAM Themenfeldprojekt „BLEIB“ wurde ein neuartiges Messverfahren entwickelt, welches es ermöglicht, Dehnungsänderungen sowohl im Betrag als auch mit korrektem Vorzeichen ortsaufgelöst entlang optischer Fasern zu messen. Das Verfahren basiert auf der kohärenten optischen Pulsreflektometrie (engl.: coherent optical time domain reflectometry C OTDR): Es werden kohärente Laserpulse in die Faser gesendet, deren rückgestreutes Licht (Rayleigh Streuung) eine Kette von einzelnen Interferometern darstellt. Mit diesem „verteilten Interferometer“ lassen sich über die Signallaufzeiten in der Faser kleinste Dehnungsänderungen ortsaufgelöst entlang der Sensorfaser mit interferometrischer Empfindlichkeit über große Distanzen detektieren. Neu an diesem Verfahren ist, dass abwechselnd Pulse mit verschiedenen Wellenlängen in die Faser gesendet werden. Durch eine Korrelation der interferometrischen Leistungsänderungen beider Pulswellenlängen über den zeitlichen Verlauf lassen sich erstmals Dehnungsänderungen entlang der Faser quantifizieren. Durch die zusätzliche spektrale Information lässt sich darüber hinaus, und im Gegensatz zu üblichen Interferometern, auch das Vorzeichen der Dehnungsänderung eindeutig bestimmen.

Das Messverfahren wurde in Optics Express („Relative change measurement of physical quantities using dual-wavelength coherent OTDR“) veröffentlicht und wird inzwischen für Messungen entlang von Glasfasern, die auf ein Brückenbauwerk appliziert wurden, eingesetzt, um präzise Dehnungsverteilungen und Modalparameter des Bauwerkes zu bestimmen.

Relative change measurement of physical quantities using dual-wavelength coherent OTDR
Sascha Liehr, Y. S. Muanenda, Sven Münzenberger, Katerina Krebber
Optics Express, Vol. 25, Issue 2, pp. 720-729 (2017)
BAM Abteilung Zerstörungsfreie Prüfung, Fachbereich Faseroptische Sensorik