01.03.2018
Schema des Bestrahlungsexperiments

Oben: Schema des Bestrahlungsexperiments und Komponenten der Probenhalterung für die Bestrahlung von DNA-Lösungen in der Vakuumumgebung des Elektronenmikroskops. Unten: Berechnete Energieverteilung der Sekundärelektronen in Wasser.

Quelle: Hahn et al. Phys. Chem. Chem. Phys., 2017,19, 1798-1805 (Open access Lizenz: CC BY 3.0)

Direkte Elektronenbestrahlung von DNA in wässriger Lösung: Schadensbestimmung in Kombination mit Monte-Carlo Simulationen

Bei der Behandlung von Krebs mittels Strahlentherapie sollen die Tumorzellen abgetötet werden ohne das umliegende gesunde Gewebe zu zerstören. Um dies zu erreichen, und um Strahlentherapien effizienter und für Patienten verträglicher zu machen, ist ein besseres Verständnis der zugrundeliegenden Prozesse auf der molekularen Ebene nötig. Dabei sind der Energieeintrag und die Streuprozesse der Strahlung in der Umgebung der DNA, dem Träger der Erbinformation, von besonderem Interesse. Bei der Streuung der einfallenden hochenergetischen Strahlung in Wasser werden besonders viele freie Elektronen (Sekundärelektronen mit niedriger Energie) generiert.

Zur Untersuchung der Schädigungseffizienz dieser Sekundärelektronen wurde ein experimentelles Verfahren entwickelt, bei dem Lösungen direkt mit Elektronen variabler Energien im Elektronenmikroskop bestrahlt werden können. Die Umgebungsbedingungen der DNA unter Elektronenbestrahlung können dabei variiert und realistischen biologischen Gegebenheiten nachempfunden werden. Parallel dazu wurde das Experiment mittels Elektronenstreusimulationen charakterisiert, wodurch der ortsabhängige Energieeintrag innerhalb des Wassers mit Nanometerauflösung bestimmt werden konnte.

Bild einer Siliciumnitrid-Membran mit Druckbelastung

Siliciumnitrid-Membran mit Druckbelastung: Die Membran trennt das Vakuum von der Flüssigkeit und ist dabei durchlässig für die hochenergetischen Elektronen

Quelle: BAM, Fachbereich Nano-Tribologie und Nanostrukturierung von Oberflächen

Diese in der Veröffentlichung vorgestellte neuartige Kombination von Experiment und Simulation ermöglicht die Bestimmung der Schaden-Dosis-Relation für Elektronenbestrahlung von biologischen Systemen unter realistischen physiologischen Bedingungen. So konnten für die genutzten Primärelektronen die in der Strahlenbiophysik wichtigen Größen, wie die mittlere letale Dosis, bei der 50 Prozent der DNA geschädigt sind, mit 1,7 Gy und das Verhältnis von DNA-Einzel- zu Doppelstrangbrüchen mit 12:1 bestimmt werden.

Aktuelle Forschungstätigkeiten beschäftigen sich mit der Weiterentwicklung des Verfahrens. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Untersuchung des Einflusses chemischer Umgebungsparameter auf die Strahlenschäden in verschiedenen DNA-Protein-Komplexen.

Direct electron irradiation of DNA in fully aqueous environment. Damage determination in combination with Monte Carlo simulations
Marc Benjamin Hahn, Susann Meyer, Maria-Astrid Schröter, H. Seitz, Hans-Jörg Kunte, Tihomir Solomun, Heinz Sturm
Physical Chemistry Chemical Physics (PCCP), Issue 3, 2017
BAM Abteilung Material und Umwelt, Fachbereich Biologische Materialschädigung und Referenzorganismen, Abteilung Materialschutz und Oberflächentechnik, Fachbereich Nano-Tribologie und Nanostrukturierung von Oberflächen