01.09.2017
Die mikroskopische Aufnahme einer Probe nach einer Kriechbelastung (900 °C, Spannung 15 MPa) zeigt Entstehung von Werkstoffschädigung an Graphitkugeln und Korngrenzen

Die mikroskopische Aufnahme einer Probe nach einer Kriechbelastung (900 °C, Spannung 15 MPa) zeigt Entstehung von Werkstoffschädigung an Graphitkugeln und Korngrenzen

Quelle: BAM, Fachbereich Experimentelle und modellbasierte Werkstoffmechanik

Die Hersteller von Turbomaschinen benötigen zuverlässige Modelle für deren Auslegung und Lebensdauerabschätzung, um schon in der Entwicklungsphase potentielle Schwachstellen im Bauteil zu erkennen. Mit diesen Modellen können auch die Auswirkungen von Bauteilgeometrieänderungen oder abweichenden Betriebsweisen der Turbomaschinen besser abgeschätzt werden, so dass die Anzahl der kostenintensiven und zeitaufwändigen Bauteilversuche verringert werden kann. Mit effizienteren Auslegungsmethoden ist zudem eine Reduzierung der Produktentwicklungszyklen verbunden, was wiederum für die schnelle Einführung von innovativen Produkten auf dem Markt von Vorteil ist.

Die Auslegungsmodelle benötigen als Eingangsgrößen unter anderem Werkstoffkennwerte für verschiedene Belastungsfälle, wie sie auch im Betrieb der Bauteile auftreten. Der vorliegende Artikel beschreibt für einen warmfesten austenitischen Gusseisenwerkstoff (Ni-Resist), der für Abgasturbolader-Heißteile eingesetzt wird, das Verhalten bei thermisch und mechanisch zyklierender Beanspruchung (thermo-mechanische Ermüdung). Die thermische Belastung zykliert zwischen 400 °C und 700 °C, 800 °C bzw. 900°C. Wenn die mechanische Belastung ihr Maximum bei maximaler Temperatur erreicht, wird der Lastzyklus mit „in-phase“ bezeichnet. Wird es bei minimaler Temperatur erreicht, spricht man von einem „out-of-phase“-Zyklus. Durch das Einbringen von Haltezeiten während der zyklischen Belastung kann der Einfluss von stationären Betriebszuständen auf die Probe berücksichtig werden. Als Lebensdauer wird die experimentell ermittelte Anzahl der Belastungszyklen bis zur Bildung eines makroskopischen Anrisses bezeichnet.

Bei den Versuchen konnte kein signifikanter Unterschied der Lebensdauer von in-phase und out-of-phase Experimenten festgestellt werden. Das Versagen der Proben war gekennzeichnet von Rissbildung ausgehend von der oxidierten Probenoberfläche und Rissentstehung im Probeninneren. Bei den in-phase Versuchen mit einer maximalen Temperatur von 900 °C zeigte sich während des Versuches eine kontinuierliche Entfestigung. Mikroskopische Untersuchungen konnten für diese Versuchsbedingungen eine ausgeprägte Kriechschädigung auf den Korngrenzen nachweisen.