
Untersuchung eines umgebrochenen Strommasts, Münsterland 2005
Quelle: BAM
Von welchen Beispielen aus der Praxis können Sie berichten?
Christian Klinger: Genaue Angaben dürfen wir nicht machen, da es bei den meisten Projekten um sensible Informationen und Daten geht, die der Vertraulichkeit unterliegen. Über einige ältere Fälle der Schadensanalyse dürfen wir aber heute sprechen. Sehr spannend war z.B. die Untersuchung der umgebrochenen Strommasten im Münsterland: Im November 2005 kam es dort durch Eis- und Schneelasten zu einer großflächigen Störung des Elektrizitäts-Versorgungsnetzes, ausgelöst durch insgesamt 82 beschädigte Strommasten. 250.000 Menschen waren ohne Strom, einige von ihnen bis zu 50 Stunden lang. Die BAM erstellte ein Gutachten zu den beschädigten Masten. Das Ergebnis: Die Kombination der wetterbedingt hohen einseitigen Zusatzlasten und die Versprödung des Thomasstahls führte zum Versagen an dem Schaden-auslösenden Mast. In den folgenden Jahren wurden tausende Alt-Masten aus Thomasstahl ersetzt und das Regelwerk für Strommasten geändert.
Oder ein spektakulärer Schadensfall im Juni 2008: Damals brach eine der 32 Radsatzwellen des ICE 518, die bei der Ausfahrt aus dem Kölner Hauptbahnhof dann entgleiste. Die BAM führte eine Unfall-Ursachenforschung durch und fand nichtmetallische Einschlüsse in der Radsatzwelle, die Ermüdungsrisse auslösen können. Die Aufsichtsbehörde, das Eisenbahn-Bundesamt, verkürzte die Intervalle zur Ultraschall-Kontrolle aller ICE-3-Radsatzwellen von 300.000 auf 60.000 und teilweise sogar 30.000 Kilometer Laufleistung. Letztlich wurden alle Radsatzwellen gegen solche mit größerem Durchmesser und anderem Werkstoff ausgetauscht.
Auch 2012 mussten wir Stillschweigen bewahren, als wir die Ursachen der Explosion des Erdgas-Druckbehälters eines Kfz untersuchten. Der Behälter war bei einem Tankvorgang explodiert. Als Folge unserer Untersuchungen hat die Automobilindustrie konstruktive Änderungen vorgenommen. Die Behälter sind nun leichter zugänglich und eventuelle Schäden besser sichtbar. Seitdem können bei technischen Inspektionen Anzeichen für den Beginn der Korrosionsvorgänge rechtzeitig erkannt und betroffene Druckbehälter entnommen werden.
Lesen Sie das ganze Interview zur Schadensanalyse an der BAM