Liuyang River mit Brücken in der Stadt

Liuyang River mit Brücken in der Stadt

Quelle: BAM, Fachbereich Konformitätsbewertung Explosivstoffe/Pyrotechnik

Die BAM prüft Feuerwerkskörper auf ihre Sicherheit und führt die sogenannte Konformitätsbewertung durch, die zum begehrten CE-Siegel führt. Weil viele europäische Firmen in China produzieren lassen, ist auch eine Qualitätskontrolle vor Ort möglich. Das ist für die Hersteller wirtschaftlicher und häufig auch nachhaltiger, weil mangelhafte Ware erst gar nicht auf den Weg geschickt wird. Soeben ist BAM-Mitarbeiter Martin Dümmel von einer Reise nach Zentralchina zurückgekehrt.

„Etwa 90 Prozent aller Feuerwerkskörper weltweit werden noch immer in China hergestellt – schließlich haben die Chinesen wohl einst das Schwarzpulver erfunden. Nicht nur Europäer, auch Amerikaner und Australier lassen dort überwiegend ihre Waren produzieren. Natürlich ist auch der Kostenvorteil entscheidend. Wir als BAM bieten Firmen, die in China für den europäischen Markt produzieren lassen, eine besondere Dienstleistung an: Wir kontrollieren das Qualitätssicherungssystem – das sogenannte QS-System – der Hersteller vor Ort nach festgelegten Kriterien. Genaugenommen bewerten wir die Teams, die in China eine Endkontrolle an den Produkten durchführen und das QS-Verfahren, das sie anwenden. So ist kann gewährleistet werden, dass die europäischen Sicherheitsstandards auch bei den in China durchgeführten Prüfungen eingehalten werden.

Vom Dorf zur Millionenstadt

Ich war jetzt das sechste Mal in China, um eine Reihe von QS-Audits durchzuführen, deren Ziel aus Sicht des jeweiligen Herstellers ein zertifiziertes QS-System ist. Dieses Mal bin ich nach Changsha geflogen, die Hauptstadt der zentralchinesischen Provinz Hunan. Von dort ging es mit dem Auto weiter nach Liuyang. Die Fahrt dauert knapp eine Stunde. Es geht durch dünnbesiedelte Landschaft mit bewaldeten Hügeln und Reisfeldern in den Tälern. Ein paar Dörfer liegen am Wegesrand.

Liuyang selbst ist binnen weniger Jahrzehnte vom Dorf zur Metropole mit anderthalb Millionen Einwohnern gewachsen. Es gibt Hochhäuser und moderne Shopping-Malls. Was einem als Europäer sofort auffällt: Überall kann man über das Handy bargeldlos bezahlen, im Imbiss und selbst beim Bauer an der Straßenecke, der selbstangebautes Gemüse verkauft. Im Umland von Liuyang sind zahlreiche Fabriken angesiedelt, die Feuerwerk produzieren. Die Metropole gilt sogar als „Welthauptstadt des Feuerwerks“ - hier soll der Legende nach ein chinesischer Weiser vor 1400 die Pyrotechnik erfunden haben. Auch europäische Hersteller produzieren dort ihre Waren.

Wenn wir von der BAM nach China reisen, ist die Woche immer strikt durchgeplant: Von Montag bis Freitag auditieren wir mehrere europäische Herstellerfirmen oder Prüfinstitute. Zuerst besuchen wir sie in ihren Niederlassungen und gehen die Handbücher und Dokumente zum QS-System durch. Wir bewerten, wie das QS-System strukturiert ist, welche Dokumente relevant sind, welche Prozesse und Anweisungen es gibt.

Wachsendes Umweltbewusstsein in China

Die Büros der Firmen liegen meist im Stadtgebiet, aber nicht weit von den Fabriken im Umland, in denen das Feuerwerk produziert wird. Diese Fabriken, in denen zumeist mehrere Hundert Menschen arbeiten, erstrecken sich aus Sicherheitsgründen über viele einzelne Gebäude. Wir kontrollieren auf Grundlage des gewählten Konformitätsbewertungsverfahrens, in China wenden wir meistens das sogenannte „Modul E“ an: QS bezüglich Endproduktprüfungen. Das bedeutet wir kontrollieren in der Regel nicht die Produktion in den Fabriken selbst, sondern, ob die Firmen dazu in der Lage sind, an dem hergestellten Feuerwerk die vorgeschriebene Endproduktprüfung nach der in Europa geltenden Normenreihe – also nach DIN EN 15947 (2015) – durchzuführen. Wir begleiten die Prüfteams auf eigens abgesperrte Testplätze, die meist in unbewohntem Gelände liegen, um eine Lärmbelästigung der Bevölkerung zu vermeiden. Auch in China ist ein wachsendes Umweltbewusstsein festzustellen.

Auf dem Prüfplatz

Dann baut das Prüfteam seine Geräte auf und besetzt die Messpunkte mit Personal und Messequipment. Wir beobachten dabei das versuchsrelevante Vorgehen und die Prozeduren. Kontrollieren, ob die Instrumente richtig kalibriert sind. Stimmen die Abstände? Wird in der richtigen Einheit gemessen? Für jeden Feuerwerkstyp – ob Rakete, Fontäne oder Wunderkerze – geben die Normen eigene Anforderungen, Messverfahren und Grenzwerte vor, die eingehalten werden müssen. Wir wollen deswegen ein möglichst breites Spektrum in Funktion sehen. Die Prüfung dauert daher oft einen halben Tag oder länger. Noch am selben Abend oder am nächsten Morgen zeigen die Firmen uns ihre ausgewerteten Prüfprotokolle. Für uns geht es dann darum festzustellen: Welche Fehler haben sie womöglich an der Ware gefunden? Deckt sich das mit unseren Beobachtungen? Wurden die Prüfungen normgerecht durchgeführt? Wie haben die Teams ihre Ergebnisse bewertet?

Typischer Prüfplatz im Großraum Liuyang

Typischer Prüfplatz im Großraum Liuyang

Quelle: BAM, Fachbereich Konformitätsbewertung Explosivstoffe/Pyrotechnik

Schließlich setzen wir uns mit unseren Partnern zu einer Abschlussbesprechung zusammen. Meistens kann man viel Positives hervorheben; die Firmen sind meist gut organisiert und schon viele Jahre am Markt. Aus Ungenauigkeiten, die wir beobachtet haben, leiten wir Forderungen ab, die innerhalb einer festgesetzten Frist umgesetzt und deren Erfüllung dokumentiert werden müssen.

Den finalen Audit-Bericht stellen wir als BAM erst in Berlin aus.

Die BAM genießt bei unseren Partnern in China und Europa ein hohes Ansehen. Viele europäische Firmen arbeiten seit Jahren mit uns zusammen und wissen unsere besondere Fachkompetenz im Bereich der Pyrotechnik zu schätzen. Aktuell können nur 13 benannte Stellen in ganz Europa solche QS-Audits durchführen und die entsprechenden Zertifikate und Bescheinigungen ausstellen. Unser Alleinstellungsmerkmal ist, dass wir die gesamte Produktpalette der Pyrotechnik abdecken und auf unserem Testgelände Technische Sicherheit (TTS) in Brandenburg auch selbst testen können, von normalem Feuerwerk und Spezialeffekten bis hin zu Bühnenpyrotechnik, Airbags und anderen technischen Anwendungen.“

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