Dr.-Ing. Jörg Unger (2. v. li.) koordiniert im BAM-Themenfeld Infrastruktur ein interdisziplinäres Team: Es geht darum, Prognosen für die Lebensdauer von Brücken zu ermitteln.

Dr.-Ing. Jörg Unger (2. v. li.) koordiniert im BAM-Themenfeld Infrastruktur ein interdisziplinäres Team: Es geht darum, Prognosen für die Lebensdauer von Brücken zu ermitteln.

Quelle: BAM, Bild: Michael Danner

Dr.-Ing. Jörg Unger bündelt das Wissen vieler Kollegen in einem Großprojekt. Es geht um die Pflegefälle unserer Verkehrsinfrastruktur: Brücken. Gemeinsam versuchen die Wissenschaftler, deren Lebensdauer verlässlich vorherzusagen.

Etwa ein Dutzend Wissenschaftler ruft der Bauingenieur und Numeriker Jörg Unger einmal im Monat zusammen. Alle berichten sich dann gegenseitig von der Arbeitsweise, für die sie stehen. Sie erläutern Simulationsverfahren, Messtechniken und Ergebnisse von Materialprüfungen. Kurz: Sie bringen sich auf den aktuellen Stand, das ist die Tagesordnung. Und von Monat zu Monat nimmt damit auch das Bauwerk, das sie gemeinsam planen, konkretere Formen an. Es wird ein 24 Meter langes, gerade einmal ein Meter breites Brückenteil, errichtet auf dem Testgelände der BAM im brandenburgischen Horstwalde. 24 Meter, eine Miniatur? Und dafür der ungeheure Aufwand?

Es geht schließlich um Brücken, und die sind im deutschen Verkehrswegenetz die größten Schwachstellen. Daher hat dieses Vorhaben so viel Gewicht. Insgesamt sind sogar mehr als 15 Wissenschaftler aus acht Fachbereichen der BAM beteiligt. Sie werden sehr viel Überwachungstechnik in ihre Spannbetonbrücke integrieren, bald soll der „Referenzkörper“ stehen. An ihm können die Forscher sämtliche mechanischen und thermischen Belastungen messen, sie detektieren dann die Einflüsse von Feuchte und Chlorideindringung auf den Beton und die Stahlbewehrung, sie spüren Risse auf – und vor allem: die vielen Beteiligten aus den unterschiedlichen Disziplinen tun es gleichzeitig, koordiniert und an ein und demselben Versuchsbauwerk. Der ganzheitliche Blick ist ein Novum in ihrer Arbeit. Es ist eine typische Bündelung des Wissens in einem sogenannten Themenfeldprojekt. Hier betrifft es den BAM-Forschungsbereich Infrastruktur. „Das Ziel ist nun, Materialermüdung und Belastungen zu modellieren, um daraus eine Prognose zur Lebensdauer zu erstellen“, sagt der Numeriker Dr. Unger. Mit diesen Erkenntnissen können Prioritäten gesetzt werden, welche Brücken zuerst saniert werden müssen. Das ist gesamtwirtschaftlich von großer Bedeutung.

Dr. Ungers Fachgebiet ist seit längerem die numerische Modellierung und Simulation. Er untersucht für gewöhnlich das Innenleben von Beton – von Mikrostrukturen bis hin zu realen makroskopischen Bauwerken. Für das Drei-Jahres-Projekt BLEIB (Bewertung, Lebensdauerprognose, Instandsetzung von Brücken) hat er das interdisziplinäre Team rekrutiert. Die Beteiligten arbeiten in der BAM an ihrem jeweiligen, eigenen Forschungsprojekt, sei es zur Korrosion, zu Bauwerkssicherheit und Baustofftechnologien oder zu zerstörungsfreien Prüfverfahren. Darüber hinaus sind sie für das Brückenprojekt tätig, tauschen sich dazu auch regelmäßig in ihren Laboren aus. Erste Probesegmente für die Testbrücke sind bereits gegossen. Oft geht es jetzt um die Frage, wie man so viele Sensoren wie nur möglich für das Aufspüren und für das Monitoring von Schadstellen einbauen kann. Auch faseroptische Dehnungsmessungen wird es geben, die BAM hat diese Sensorik mittels Lichtwellen in jüngster Zeit stark weiterentwickelt. Der Koordinator Jörg F. Unger verspricht sich viel davon. Allein einen ganz praktischen Vorteil bietet dieses Verfahren: Der Verkabelungsaufwand ist geringer.

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