21.04.2023

Hand des Wissenschaftlers hält Kolben mit Laborglas in chemischen Labor Hintergrund

Quelle: AdobeStock / totojang1977

Ein Forschungsprojekt zur nachhaltigen Chlorsynthese mit Beteiligung der BAM zieht in das Finale des Ideenwettbewerbs der Werner Siemens-Stiftung (WSS) ein, bei dem Ende des Jahres ein „Jahrhundertprojekt“ mit 100 Millionen Schweizer Franken gefördert wird, das für eine nachhaltige Ressourcennutzung sorgt.

Chlor zählt zu den wichtigsten Elementen für das tagtägliche Leben. Es ist beteiligt an der Synthese von mehr als der Hälfte aller chemischen Produkte. Die Chlor-Herstellung ist jedoch äußerst energieaufwändig. Allein in Deutschland ist die Produktion von jährlich ungefähr 5,5 Millionen Tonnen Chlor für mehr als zwei Prozent des gesamten Stromverbrauchs verantwortlich. Zudem ist Chlorgas giftig und die heute übliche Speicherung sowie der Transport bergen trotz zahlreicher Regulierungen ein hohes Gefährdungspotenzial.

Ein Forschungsteam um Sebastian Hasenstab-Riedel von der FU Berlin, Franziska Emmerling von der BAM sowie Alexander Böker vom Fraunhofer IAP hat nun eine Lösung für dieses Problem gefunden. Sie haben einen sehr kostengünstigen chemischen Chlorspeicher entwickelt, der das Gas in einer ionischen Flüssigkeit unter sehr niedrigem Energieaufwand bindet und gleichzeitig einfach und sicher auch an der Luft handhabbar ist.

Gleichzeitig können die neuartigen chlorbasierten ionischen Flüssigkeiten auch der chemischen Aufbereitung von Abfällen dienen: Etwa bei der Umwandlung von Bioabfällen und oder von Lignin, einem Nebenprodukt der Papierherstellung. Auch das Recycling elektronischer Geräte wie ausgediente Mobiltelefone oder Permanentmagnete ließe sich dadurch revolutionieren: „Mithilfe der ionischen Chlorflüssigkeit kann Elektroschrott zuerst energieschonend aufgelöst werden. Neuentwickelte ligninhaltige Trennmaterialien helfen danach dabei, die einzelnen Elemente isoliert und in reiner Form herauszulösen“, so Franziska Emmerling von der BAM.

Das Projekt, an dem die BAM beteiligt ist, wurde von der Werner Siemens-Stiftung aus insgesamt 123 Ideenskizzen ausgewählt. Zusammen mit fünf weiteren Finalisten geht es in die Endausscheidung um das „Jahrhundertprojekt", einen Ideenwettbewerb, den die Werner Siemens-Stiftung anlässlich ihres hundertjährigen Bestehens ausgerufen hat. Dabei geht es um ein neues Forschungszentrum, das Technologien für eine nachhaltige Ressourcennutzung erforschen und entwickeln soll. Damit verbunden ist eine Förderung in Höhe von 100 Millionen Schweizer Franken, die sich über einem Zeitraum von zehn Jahren erstreckt. Die Entscheidung, welches Projekt den Zuschlag erhält, fällt im Dezember 2023.